Mit einem Appell an die Politik, die Lebenswirklichkeiten der Tourismuswirtschaft stärker zu berücksichtigen hat der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Tourismuswirtschaft (BTW) Dr. Michael Frenzel den 19. Tourismusgipfel in Berlin eröffnet. Vor fast 500 Gästen im Hotel Adlon forderte der BTW-Präsident unter anderem Erleichterungen beim Einstieg von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt, Korrekturen in Sachen Gewerbesteuer und Arbeitszeitgesetz sowie ein Ende der zahlreichen existierenden und drohenden Belastungen der Branche von Bettensteuern über die bislang lediglich verschobene PKW-Maut bis hin zu den massiven Wettbewerbsverzerrungen im Luftverkehr zulasten der deutschen Unternehmen. Der Präsident der Tourismuswirtschaft gab zudem ein klares Bekenntnis zu Olympia 2024 in Hamburg ab: „Wir wollen Olympia 2024 in Hamburg!“
Wirtschaftlich befindet sich die Branche unter anderem dank günstiger gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingugnen nach wie vor in einem stabilen Aufwärtskurs.
– Weltweit gab es im ersten Halbjahr 538 Millionen Touristenankünfte – laut UNWTO noch einmal 21 Millionen bzw. 4 Prozent mehr als in den ersten sechs Monaten 2014.
– Die Zahl der Übernachtungen in Deutschland stieg bis einschließlich August um 3 Prozent auf mehr als 298 Millionen. Das Wachstum bei den Gästen aus dem Ausland war mit einem Plus von 5 Prozent erneut überdurchschnittlich.
– Die Flughäfen zählten bis August fast 144 Millionen Passagiere und damit 4,6 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Hierbei ist allerdings der Basiseffekt der vielen streikbedingten Flugausfälle im Vorjahr zu berücksichtigen.
– Der BTW-Tourismusindex, der die Reiselaune der Deutschen misst, konnte Mitte des Jahres sein stabil hohes Niveau bestätigen. Das lässt hoffen, dass die Gesamtzahl der privaten Reisetage den Rekordwert aus dem vergangenen Jahr erneut übertrifft.
Frenzel: „Allerdings sollte man sich vor Augen halten, dass unsere Rahmenbedingungen fragil sind: Wir leben, so kommt es mir manchmal vor, auf einer Insel der Scheinstabilität. Die Niedrigzinspolitik, das nicht gelöste Problem Griechenland, die Zukunft Europas und des Euros können unsere Lage sehr schnell eintrüben.“
Mit Blick auf das aktuelle Flüchtlingsdrama hob Frenzel hervor: „Integration durch Beschäftigung und Ausbildung: Das ist die vielfach geäußerte Hoffnung und auch aus unserer Sicht ein zielführender Weg. Unsere Wachstumsbranche mit rund 3 Millionen Beschäftigten bietet Chancen für fast alle Qualifikations- und Bildungslevel. Ich denke, dass wir gerade an dieser Stelle zur Integration von Flüchtlingen beitragen können. Doch dafür müssen auch die Grundlagen stimmen! Es ist immens wichtig, dass sich gerade die vielen kleinen Unternehmen nicht alleingelassen fühlen. Die Politik muss sie durch Erleichterungen beim Einstieg in Ausbildung und Arbeit unterstützen: Es geht um frühestmöglichen Sprachunterricht, um Planungssicherheit für die gesamte Ausbildungszeit und um Korrekturen der Vorrangprüfung.
Hinsichtlich des nach wie vor nicht gelösten Problems der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung beim Hotelzimmereinkauf durch Reiseveranstalter appellierte Frenzel insbesondere an die Länder und das Bundesfinanzministerium, sich nicht mit Verweis auf „laufende Gerichtsverfahren“ aus der Affäre zu ziehen. „Es ist 5 vor 12. Die Branche befindet sich in einer schwierigen Situation. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen können nicht auf ein höchstrichterliches Urteil in einigen Jahren warten.“
In seiner Rede forderte der BTW-Präsident auch eine Korrektur des Arbeitszeitgesetz hinsichtlich der täglichen maximalen Höchstarbeitszeit von derzeit 10 Stunden. Er verwies dabei auf das Beispiel der zeitlich häufig kaum kalkulierbaren Familienfeiern in der Gastronomie. „Es geht nicht darum, die Gesamtarbeitszeit des Mitarbeiters zu erhöhen. Es muss aber erlaubt sein, diese bei Bedarf flexibler zu verteilen!“, so Frenzel.
Der BTW-Präsident gab in seiner Rede auch ein klares Bekenntnis zu Olympia 2024 in Hamburg ab: „Die WM 2006 hat gezeigt, welch immens positive Auswirkungen ein Großereignis auf den Tourismusstandort Deutschland hat. Ich bin fest überzeugt, dass auch Olympia 2024 in Hamburg ein Gewinn für die Stadt, für unser Land und für unsere Branche wäre. Die Tourismuswirtschaft steht hinter Hamburg. Wir wollen Olympia 2024 in Hamburg! Deshalb gilt unser Appell den Bürgern in Hamburg: Ergreifen Sie diese Chance, stimmen Sie in 7 Wochen für die Olympiabewerbung! Legen Sie den Grundstein, dass wir auch 2024 wieder sagen können: Die Welt zu Gast bei Freunden!“