Bayerns Gastgewerbe demonstriert am 20. April in München

79

Erstmalig werden am kommenden Montag in München tausende Hoteliers und Gastronomen aus ganz Bayern zusammen mit ihren Mitarbeitern im Rahmen einer Großdemonstration gegen Bürokratismus und Dokumentationswahn auf die Straße gehen.

DEHOGA Bayern-Präsident Ulrich N. Brandl betont: „Wir wollen für unsere Gäste da sein, statt Formulare ausfüllen. Die Demonstration ist ein Hilferuf der Branche, denn eine immer größer werdende Verordnungslawine zieht immer mehr Betrieben den Boden unter den Füßen weg.“ Zugleich verhindert das Arbeitszeitgesetz flexibel auf die speziellen Anforderungen einer Dienstleistungsbranche reagieren zu können.

Die Demonstration findet am
Montag, 20. April 2015
Beginn 11.00 Uhr
Startort: Odeonsplatz in München statt

Wegverlauf: Odeonsplatz – Briennerstraße – Maximiliansplatz – Karlsplatz/Stachus – Bayerstraße – Theresienwiese

Zum Hintergrund:

Befasst man sich einmal damit, was ein einfacher Gastronom alles schriftlich dokumentieren muss, ist man erstaunt, wie viel Papier sich hier ansammelt:

Dokumentation der täglichen Arbeitszeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach dem Mindestlohngesetz, Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie Dauer aller Pausen

Dokumentation von Allergenen nach der vorläufigen deutschen Lebensmittelinformations-Ergänzungsverordnung; mit der neuen Eilverordnung sind es nicht nur 14 Allergene, wie zunächst angekündigt, sondern 26 allergene Stoffe die erfasst werden müssen – für jedes Gericht, jedes Häppchen und für alle Variationen

Dokumentation der Unterweisung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit nach dem Arbeitsschutzgesetz samt Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsbedingungen und Unterlagen zur Ermittlung von körperlichen und psychischen Belastungen bei der Arbeit und Maßnahmen des Arbeitsschutzes

Dokumentation der ärztlichen Bescheinigungen über die ärztliche Untersuchung von Jugendlichen beim Eintritt ins Berufsleben nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz

Dokumentation der Mitführungs- und Vorlagepflicht von Ausweispapieren nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz

Dokumentation zur Feststellung und Festsetzung von Steuern nach dem Umsatzsteuergesetz

Dokumentation der Kasseneinnahmen und -ausgaben nach der Abgabenordnung

Dokumentation der Unterweisung zum Arbeitsschutz gemäß BGV A1 „Grundsätze der Prävention“

Benennung von Beschäftigten, die im Betrieb Aufgaben der Ersten Hilfe, Brandbekämpfung und Evakuierung nach dem Arbeitsschutzgesetz übernehmen

Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen sowie regelmäßige Prüfaufzeichnungen, -bescheinigungen und -kennzeichnungen von Aufzugsanlagen nach der Betriebssicherheitsverordnung

Pflicht für Beherbergungsbetriebe nach dem Bundesmeldegesetz, jeden Gast einen Meldeschein ausfüllen zu lassen und Meldescheine ein Jahr lang aufzubewahren

Erstellung umfangreicher Statistiken auf monatlicher Basis nach dem Beherbergungsstatistikgesetz

Bescheinigung des Gesundheitsamtes samt Dokumentation einer betriebsinternen Belehrung der Mitarbeiter nach dem Infektionsschutzgesetz

umfassenden hygienerechtlichen Dokumentation zum Nachweis der Einhaltung der HACCP-Grundsätze sowie zum Nachweise über aktuelle Fachkenntnisse im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 und der Lebensmittel-Hygieneverordnung

Dokumentation des Wareneingangs sowie der Temperaturkontrolle bei Lebensmitteln und technischen Einrichtung zur Lagerung und Kühlung von Lebensmitteln

Dokumentation der Reinigung von Getränkeschankanlagen

Dokumentation der Untersuchung, Reinigung und Desinfektion des Betriebes und seiner Anlagen und technischen Einrichtungen

Dokumentation der nicht für den menschlichen Verzehr bestimmten tierischen Nebenprodukte im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002.

und noch vieles mehr …

Brandl: „Es steht ja außer Frage, dass Arbeitszeiten aufgezeichnet werden müssen. Der jetzt geforderte Aufwand schießt allerdings weit über das Ziel hinaus. In einer Branche, die sich in hohem Maße durch kleine, familiengeführte Betriebe auszeichnet, stellt sich mittlerweile die Frage: Wann soll man nach all dieser Dokumentationsflut eigentlich noch kochen, Gäste bewirten und dabei lächeln? Und ganz nebenbei müssen die Betriebe erfahren, dass für Vereine oder gemeinnützige Organisationen großzügige Ausnahmeregeln gelten. Hier stellt sich z.B. hinsichtlich der Allergenkennzeichnung die Frage, ob Gesundheitsschutz denn teilbar ist?“

Um ein Zeichen zu setzen, haben viele Betriebe beschlossen, am 20. April ihre Betriebe zu zusperren. „Denn erst wenn man spürt, dass die Wirtschaft zu ist, merkt man, wie wichtig unsere kleinen mittelständischen Betriebe sind und was Sie tatsächlich für die Gemeinschaft leisten“, so Brandl.

Quelle: DEHOGA Bayern