Im Konzert der europäischen Tourismusdestinationen ist Albanien noch ein Geheimtipp. Das Balkanland will Anschluss finden an den internationalen Reisemarkt und wirbt mit seinen Schätzen um neugierige und abenteuerlustige Individualisten: einer artenreichen Natur, alpinen Bergmassiven und Stränden sowie beeindruckenden Kulturlandschaften, alten Burgen, Dörfern und UNESCO- Welterbestätten. Vom Aufbau eines nachhaltigen Tourismus jenseits der ausgetretenen Pfade verspricht sich das Balkanland wirtschaftliche Impulse, die der ländlichen Bevölkerung Perspektiven bieten sollen.
Albanien hat sich vom ärmsten Land Europas zum Beitrittskandidaten der Europäischen Union entwickelt. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unterstützt die GIZ Albanien dabei, die Herausforderungen auf dem Weg zur Integration in die EU zu bewältigen. Im immer noch agrarisch geprägten Balkanland engagiert sich Deutschland in der ländlichen Entwicklung. Dabei gilt es, die Interessen von Naturschützern, Landwirten und des entstehenden Tourismus-Sektors miteinander zu verknüpfen.
Die Hälfte der Albaner lebt auf dem Land. In den benachteiligten ländlichen Regionen mit ihrer schwachen Infrastruktur ist der Tourismus ein wirtschaftlicher Lichtblick. „Albanien hat viel an Natur- und Kulturschätzen zu bieten. Das Potenzial für einen nachhaltigen Tourismus, von dem die lokale Bevölkerung profitiert, ist enorm“, sagt GIZ-Landesdirektor Hans-Jürgen Cassens. „Unsere Arbeit zielt darauf ab, mit lokalen Unternehmen die Infrastruktur zu entwickeln und diese international zu vermarkten. Denn nur wenn die Menschen eine wirtschaftliche Perspektive sehen, kehren sie dem Land nicht den Rücken, um Arbeitslosigkeit, geringen Einkommen und mangelnder Infrastruktur zu entfliehen.“
In den verwunschenen Bergen, einer alpenähnlichen, wildromantischen Bergwelt im Norden des Landes, wurden etwa mit Unterstützung der GIZ und in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein in Privathäusern Touristenunterkünfte errichtet, Bergführer geschult, mehrere hundert Kilometer Wanderwege ausgebaut und markiert sowie Wegweiser und Orientierungskarten aufgestellt. Mit über 30.000 Besuchern bleiben jährlich rund 2 Millionen Euro in der Region der albanischen Alpen – Tendenz steigend. Allein im unter Bergwanderern als Ausgangspunkt beliebten Dorf Tethi zählte man 2015 rund 14.000 Übernachtungen, was dem Touristik-Sektor des Ortes etwa 260.000 Euro nur an Übernachtungskosten einbrachte. Zu Beginn der Tourismusförderung 2007 waren es nicht mehr als 20.000 Euro. Die GIZ hat den Ausbau von 40 Gästehäusern in der Region direkt unterstützt. Insgesamt konnten dort rund 2.000 Familien mit Unterstützung der GIZ vom touristischen Aufwind profitieren. Die positive Entwicklung des nachhaltigen Bergtourismus kommt aber auch der Natur zugute, denn inzwischen sind im Norden 40.000 Hektar als Naturpark ausgewiesen. Durch Anbindung an Wanderwege in Montenegro und dem Kosovo und einen Anschluss an den internationalen Wanderweg „Peak of the Balkans“ ist eine grenzüberschreitende Urlaubsregion entstanden.
Von diesen Erfahrungen profitieren auch andere ländliche Regionen im Osten und Südosten des Landes. Hier entstehen unter Beratung durch die GIZ neue Tourismusangebote, die über Wanderrouten mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden weit hinausgehen. Dabei kommen nicht nur Mountainbiker und Gleitschirmflieger auf ihre Kosten, sondern auch Kultur- und Kunstliebhaber, denen sich eine reiche Kulturlandschaft mit antiken, mittelalterlichen und osmanischen Kunstschätzen bietet. Auch die südöstliche Mittelmeerregion mit teilweise unberührten Stränden wird langsam im Sinne eines nachhaltigen Tourismus erschlossen, was den Menschen in den Dörfern und Kleinstädten der Region wichtige Einkommens- und Geschäftsmöglichkeiten gibt.