Als Reiseland wird die Ukraine nach der laufenden Fußball-Europameisterschaft wieder in die Bedeutungslosigkeit zurückfallen. Entgegen der ursprünglich von den politisch Verantwortlichen gehegten Hoffnung wird das osteuropäische Land von der sportlichen Großveranstaltung mittel- und auch langfristig nicht profitieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage unter Entscheidern der deutschen Reiseindustrie, die am Montag veröffentlicht wurde. Nach der Erhebung gaben 62 Prozent aller Befragten bei der im Auftrag des Travel Industry Club von dem auf die Touristik spezialisierten Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Trendscope erhobenen Umfrage an, dass die Berichterstattung vor und während der EM für die Tourismusindustrie des Landes nicht positiv ausfallen wird. Dabei sind 69 Prozent der befragten Manager der Meinung, dass die Medien bislang durchaus fair und ausgewogen über die Ukraine und die gesellschaftlichen Verhältnisse in dem Land berichten. Mit 52 Prozent geht der überwiegende Teil der im Juni 2012 befragten 232 Entscheider sogar davon aus, dass der Imageschaden für das Reiseland Ukraine durch das mediale Interesse an der Fußball-EM größer ist als der Nutzen. Nur 32 Prozent sind der Meinung, dass sich das nach Russland flächenmäßig zweitgrößte Staatsgebiet in Europa als attraktive touristische Destination präsentieren kann. Und nur 35 Prozent gehen davon aus, dass die Ukraine durch die EM auf die touristische Landkarte kommen wird. Die gute Nachricht für das Nachbarland Polen als Mitausrichter des Turniers: Von der negativen Berichterstattung wird sich Polen lösen können. Nur 21 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass Polen unter einer negativen Berichterstattung über die Ukraine „leiden“ wird.
Weitestgehend einig sind sich die Entscheider der deutschen Reiseindustrie darin, dass die osteuropäischen Länder und speziell auch die Ukraine in der öffentlichen Wahrnehmung eher ein negatives Image haben und als Reiseland unterschätzt werden. Diese Meinung vertreten 81 Prozent aller Befragten. Allerdings sind auch die Manager eher zurückhaltend, wenn es um die Attraktivität der Ukraine als Reiseland geht. Nur 14 Prozent geben an, durch die Fußball-EM persönlich auf die Ukraine neugierig geworden zu sein und das Land persönlich besuchen zu wollen.
Dirk Bremer, Präsident des Travel Industry Club: „Das Beispiel der Fußball-EM in der Ukraine zeigt nach dem Eurovision Song Contest von Baku in Aserbaidschan in einer bislang nie dagewesenen Deutlichkeit ein weiteres Mal, dass eine weltweit viel beachtete Großveranstaltung für das ausrichtende Land längst kein Garant für den Erfolg als touristische Destination ist. Im Gegenteil: Die bislang zumeist als Hauptargument für den finanziellen Aufwand angeführte Begründung, die mediale Aufmerksamkeit sorge nachhaltig für eine Belebung des Tourismus, greift im Medienzeitalter nur dann, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Für die touristische Entwicklung in der Ukraine und auch in Aserbaidschan sind die Groß-Events angesichts der Diskussion um die politischen Verhältnisse vor Ort offensichtlich eher kontraproduktiv.“