Brasiliens neues Gesicht in Frankfurt – Interview mit Margaret Grantham

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Die deutsche Niederlassung der brasilianischen Tourismusbehörde EMBRATUR mit Sitz in Frankfurt hat seit Anfang April mit Frau Margaret Grantham eine neue Geschäftsführerin.
Sie folgt auf Karin Luize de Carvalho, die diese Position seit Gründung des Büros in Deutschland inne hatte. Der Wechsel in der Geschäftsführung ist Teil einer strategischen Neuausrichtung aller Auslandsbüros von EMBRATUR.
Frau Grantham bringt bereits langjährige Branchenerfahrung mit. Zuvor war sie u.a. vier Jahre für die Deutsche Zentrale für Tourismus in Brasilien tätig.
Im Rahmen der Veranstaltung „Destination Brazil Showcase 2008“ in Rio de Janeiro habe ich Ihr einige Fragen gestellt:

Was haben Sie sich für Ziele in Deutschland für Brasilien gesetzt?

Deutschland ist einer der wichtigsten touristischen Märkte der Welt, es ist unser Ziel, unseren treuen Besuchern und den potentiellen Touristen all die verschiedenen Möglichkeiten zu zeigen, die Brasilien bieten kann. Deshalb legen wir einen speziellen Fokus auf Produkte und Destinationen die, nach unseren Erfahrungen, für die Konsumenten attraktiv sind. Zum Beispiel alles was mit Ökotourismus und Abenteuerurlaub in Brasilien zu tun hat. Kultur ist ein anderes Produkt, das großes Interesse hervorruft, besonders in Verbindung mit dem besonderen brasilianischen Lebensstil, der von den Deutschen so geschätzt wird. Zudem Reisen zu Stätten mit architektonischen Erbe und historische Plätze, sportliche Aktivitäten, besonders Golf, sind beliebt. Und ganz besonders beachten wir das enorme Potential der Geschäftsreisenden. Deshalb haben wir starke Promotionsanstrengungen unternommen, Brasilien als eine exzellente MICE Destination in Deutschland bekannt zu machen.

Was wollen Sie anders machen als Ihre Vorgängerin, die ja nicht nur für Deutschland, sondern gleich für halb Europa zuständig war?

Da die brasilianischen Fremdenverkehrsämter nun in größerer Zahl in den verschiedenen Ländern vertreten sind –10 insgesamt: Süd Amerika, USA Ostküste, USA Westküste, Portugal, Spanien, Groß Britannien, Deutschland, Frankreich, Italien und die Beteiligung am Mercosur-Büro in Japan- können wir unsere Kenntnisse im touristischen Bereich, den Kundenmarkt und über die Medien in den genannten Bereichen verbessern und speziellere Erfahrungen sammeln. Das brasilianische Fremdenverkehrsamt in Deutschland ist nun nur noch für Deutschland und Österreich zuständig. Die anderen Länder sind jetzt in der Verantwortung des kürzlich gegründeten Brazilian Tourist Offices for New Markets. Diese neue Einheit kümmert sich um die Entwicklung der brasilianischen Präsenz in den Niederlanden, Skandinavien, Russland und in den arabischen Ländern. Das erlaubt uns nun hier eine bessere Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, den speziellen Bedürfnissen unserer Kundengruppen besser und effektiver angepasst.

Warum sollen deutsche Touristen gerade nach Brasilien fahren?

Zum Beispiel bietet Brasilien mit mehr als 7000 km Küstenlinie so viele verschiedene Möglichkeiten von Stränden wie ganz Asien oder Zentralamerika vielleicht anbieten können. Zusätzlich dazu und besonders für die deutschen Touristen sind aber Strände allein nicht genug. In einem Land, das so groß ist wie ein ganzer Kontinent, gibt es so viele Möglichkeiten für Öko- und Abenteuertourismus, für das ein Leben gar nicht ausreicht, das alles zu erleben. Zudem hat dieses Land einen einzigartigen kulturellen Mix, fröhliche und gastfreundliche Bewohner und das sind wichtige Gründe, um den ausländischen Besucher zu werben. Und wer einmal hier war, hat den starken Wunsch zurückzukehren, 9 von 10 Touristen wollen das, wie eine Studie von EMBRATUR zeigt.

Ist Brasilien ein teures Reiseland? Flüge dahin sind nicht gerade preiswert.

Die Kosten eines Reisepaketes nach Brasilien sind, vergleichbar zu anderen Ländern mit den gleichen Standard, preislich gleich oder ein bisschen höher. Einfluss auf die Transportkosten zu vergleichbar entfernten Ländern unterliegen auch noch andere Faktoren, wie z.B. ob das Land weniger entwickelt ist, mehr durch verschiedene Bestimmungen geschützt wird oder ob es ganz spezielle Angebote gibt. Wie auch immer, aus dem Vergleich solcher Pakete kann man keine genaue Analyse des brasilianischen Produkts machen, das ist vollständiger und verschiedenartiger als das der hauptsächlichen Mitbewerber.

Warum finden Werbeveranstaltungen für Brasilien nur in München und Frankfurt und nicht auch in Köln, Düsseldorf oder im Norden der Bundesrepublik statt?

Wir wissen, das es viele wichtige Regionen auf dem deutschen Markt gibt. Weil aber München und Frankfurt die Abreisepunkte für die Direktflüge nach Brasilien sind, machen wir unsere Veranstaltungen genau aus diesem Grunde in den Städten. Und bewusst haben wir diese Flughäfen ausgesucht, weil sie in Europa der Drittgrößte und der Siebentgrößte in der Benutzerfrequenz sind und zudem im Land die größten. Frankfurt hat im Jahr ca. 52 Millionen Passagiere und München ca. 30 Millionen. Das bedeutet eine beeindruckende Zirkulation von Menschen und auch das ist ein Grund unsere Aktivitäten dort zu machen, das wird gesehen. Ein anderer Grund waren die ähnlichen Aktivitäten die wir in diesen Städten anlässlich des World Cup 2006 gemacht haben, mit großartigen Resultaten für uns. Wir hoffen, das wir in der nahen Zukunft ähnliche Aktionen in anderen deutschen Städten machen können.

Wie sieht EMBRATUR den Markt Deutschland?

Im Ganzen gesehen ist Deutschland der sechstgrößte Auslandsmarkt für Brasilien und der drittwichtigste auf dem europäischen Markt. Im Jahre 2007 haben wir mehr als 260.000 deutsche Besucher in Brasilien empfangen dürfen. Das bedeutet 5.13 % von allen Besuchern des letzten Jahres. 2008 nehmen wir an 5 Reisemessen für Touristen und Geschäftsreisende in Deutschland teil. Wir haben bereits eine Anzeigenaktion zwischen Januar und März gefahren und für dieses Jahr ist unser Etat für Deutschland 75 % höher als im letzten Jahr, über 4 Millionen Euro. Auch haben wir seit Ende 2007 die Unterstützung durch die PR-Agentur Ogilvy für unsere PR Aktivitäten.

Direkte Flugverbindungen sind wichtig. Zur Zeit sieht es gerade da von Deutschland, z.B. mit brasilianischen Linien, nicht so gut aus. Wird sich da etwas ändern?

Das stimmt. Erreichbarkeit ist einer der Schlüsselpunkte unserer Planung. Zur Zeit haben wir 21 tägliche Direktflüge, die München und Frankfurt mit Sao Paulo verbinden. Diese Flüge werden von Lufthansa und TAM durchgeführt, 5726 Sitze wöchentlich zwischen den beiden Ländern. Daneben haben wir noch 3 wöchentliche Flüge von Frankfurt nach Salvador und Recife im Nordosten, die Condor durchführt. Die gibt es seit 2004 und die Belegungsquote liegt zwischen 85 – 90 %. Ein anderer Vorteil deutscher Passagiere, sie können Punkte im Lufthansa Miles & More Programm sammeln.
Sicher hätten wir gerne mehr Verbindungen. Wir sollten berücksichtigen, das die Luftfahrt zur Zeit durch eine Krise geht wegen den steigenden Treibstoffkosten und der hohen Nachfrage nach Flugzeugen. Andererseits, als eine öffentliche Promotionagentur für Touristen haben wir keinen direkten Einfluss auf die privaten Firmen wie z.B. die Fluggesellschaften. Die Regierung ist beteiligt an den bilateralen Beziehungen über Flugfrequenzen zwischen unseren beiden Ländern und wir sehen immer noch Möglichkeiten für Verbesserungen und Erhöhungen im Rahmen des jetzigen Abkommens. Wir versuchen durch verstärkte Promotionsaktivitäten den Druck der Nachfragen aus Deutschland zu erhöhen, hoffen dadurch auch neue Flüge anzuregen und sehen noch Raum für Erhöhungen und Erweiterungen der Sitzplatzkapazitäten auf den vorhandenen Flügen.

Vielen Dank für das Interview und einen guten Start in Deutschland.

Wolfgang Grüner