Bollywood in München – Kampf gegen Raubkopierer

81

München. Ashraf Hanief sitzt hinter dem Tresen in seinem kleinen Laden gleich neben dem Münchner Sendlinger Tor. In den Ecken lehnen Ständer mit bunten orientalischen Gewändern und glitzernden Armreifen, vom Fußboden bis unter die Decke reichen Regale, über und über voll mit DVDs. Fast 2000 Filme hat Hanief vorrätig, Titel wie «Ghajini», «Main hoon na» oder «Mohabbatein» klingen hierzulande meist fremd. Doch Hanief verleiht nicht nur DVDs. Regelmäßig besorgt er sich die großen Originalfilmrollen und reist damit durch die ganze Republik, um die Kinohits den Bollywood-Fans zu zeigen.

Derzeit hat er die Rechte für den Film «Love Aaj Kal» vom Verleih erworben. Nachdem der 38 Jahre alte gebürtige Afghane den Film erhalten hat, ist er auf eine zehntägige Tour durch ganz Deutschland gestartet, um ihn in möglichst kurzer Zeit an möglichst vielen Orten zeigen zu können. Schließlich hat Hanief es sich zur Aufgabe gemacht, Bollywood auf legalem Weg nach Europa zu bringen. Seine eigene Passion für die romantischen Unterhaltungsfilme aus Indien hat er schon als kleines Kind entdeckt. «Die Filme liefen bei uns in Afghanistan immer auf Hindi – das habe ich ziemlich bald verstanden», erzählt er. Noch heute zeigt er jeden Film auf Hindi mit englischen Untertiteln.

1981 kam Hanief mit seiner Familie nach München. Zunächst hat er eine Ausbildung zum Hotelfachmann gemacht, nebenbei aber in einem Kino gearbeitet. «Dort habe ich alles gelernt», erläutert er, «vom Vorführen bis zum Management.» Auf seinen Filmtouren durch Deutschland übernimmt der Familienvater bis heute alle Aufgaben selbst – vom Kleben der Rollen bis zum Aufbau und Einlass im Kino.
Sogar die Filmrollen holt er persönlich vom Flughafen ab, für wichtige Filme fliegt er auch direkt zum Verleiher nach London. «Ich hatte schon das Problem, dass die Hälfte der Rollen nach Dänemark geschickt wurde und ich stehe dann vor einem Kino voll wütender Afghanen, Pakistanis und Inder», erklärt Hanief.

Das Publikum, das zu seinen Filmvorführungen kommt, ist bunt gemischt. In München sind es viele Deutsche, in Hamburg und Frankfurt mehr Inder und Pakistanis. Mittlerweile hat sich um Hanief und seinen kleinen Münchner Laden eine feste, eingeschworene Fangemeinde gebildet. «Die Leute kommen inzwischen sogar aus Dresden zu mir», sagt er. «Oft treffe ich aber auch Leute, die ich aus München kenne, bei Filmvorführungen in Köln wieder.»

Auch wenn die deutschen Kinos solche Filme nicht im Programm haben, gibt es für Hanief eine große Konkurrenz: Schwarzhändler, die die Filme aus dem Netz herunterladen und illegal gebrannte DVDs in tausendfacher Auflage zu einem Stückpreis von 1,50 Euro vertreiben.
Seit Jahren kämpft er einen meist erfolglosen Kampf gegen die Raubkopierer. Gerade beendet er deshalb in ziemlich übler Laune ein Telefongespräch: «Das war ein Ladenbesitzer aus Essen, der Raubkopien vertreibt. Der will die Kopie von ‚Love Aaj Kal‘ pünktlich zum deutschen Filmstart auf den Markt bringen und mir das Geschäft verderben», schimpft Hanief. «Den Typen in Essen besuche ich persönlich mit der Polizei», erklärt er, «obwohl bislang die meisten Verfahren sowieso wieder eingestellt wurden, weil keiner was beweisen kann.»

Immer wieder springt der zarte Mann im weißen Hemd unruhig auf. Noch am selben Nachmittag erwartet er den Film am Flughafen, dann stehen ihm anstrengende Tage bevor. «Das fängt schon damit an, dass man täglich in vier Sprachen erklären muss, wie und wo man sich hinsetzt», sagt Hanief. Er spricht fließend Deutsch, Hindi, Afghanisch und Englisch.

Am Ende seiner Reise durch Deutschland zeigt Hanief den Film noch einmal in München (9. August). «Aber das Münchner Publikum ist launisch, die wollen immer nur Liebesfilme», sagt er. Filme wie der Kassenschlager «Slumdog Millionaire» kommen laut Hanief nur bei westlichen Liebhabern des indischen Films gut an. «Kein Inder will Armut im Kino sehen», sagt er. «Die wollen sich entspannen und lachen.»

Der Film, den er diesmal im Gepäck haben wird, wenn er quer durch Deutschland aufbricht, weckt durchaus die Hoffnung auf volle Kinosäle: eine Liebesgeschichte vor westlicher Kulisse. Bleibt nur noch die Sorge wegen der Raubkopierer. «Aber zu denen gehe ich persönlich», droht Hanief, «und hänge ihnen meine Werbeplakate in den Laden.»

(Nächste Termine: Hamburg (3.8.), Berlin (4.8.), Leipzig (5.8.), Dresden (6.8.), Hannover (7.8.), Stuttgart (8.8.), München (9.8.))

(bollywood-corner.de)