Globaler Luftverkehr wächst konjunkturbedingt schwächer

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Das Wachstum im globalen Luftverkehr hat sich im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahr abgekühlt. Weltweit wuchs der Passagierverkehr um mehr als 4 Prozent, der Frachtverkehr hingegen ging sogar um mehr als 3 Prozent zurück.

Dämpfend auf die Nachfrage wirken sich vor allem die abgeschwächte Konjunktur sowie Handelskonflikte wie zwischen den USA und China aus. Die Verkehrsleistung der deutschen Fluggesellschaften wuchs im Schnitt um 4,0 Prozent und damit unterhalb des weltweiten wie auch des europäischen Durchschnitts. Hierbei hat sich die Insolvenz von Germania im Januar 2019 dämpfend ausgewirkt.

Die deutschen Flughäfen konnten die Zahl der Passagiere um 4,2 Prozent steigern. Damit liegt das Wachstum zwar über dem weltweiten Schnitt und auf Höhe des europäischen Durchschnitts, doch das etwas höhere Wachstum in Deutschland ist im Wesentlichen ein statistischer Basiseffekt: Im letzten Jahr war die Kapazitätslücke infolge der Air Berlin-Insolvenz in den ersten sechs Monaten noch nicht vollständig wieder aufgefüllt – im ersten Halbjahr 2019 ist diese Kapazität wieder komplett im Markt, was zu der vergleichsweise hohen Wachstumsrate führt. Die veröffentlichten Flugpläne deuten darauf hin, dass das Wachstum im Verkehr ab deutschen Flughäfen im weiteren Jahresverlauf abnehmen wird.

Zur gerade vorgelegten Halbjahresbilanz der Branche sagte Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL): „Das Wachstum im Luftverkehr hält an, allerdings spürt die Branche die Folgen der eingetrübten Konjunktur. Leider hält der Trend an, dass die deutschen Fluggesellschaften in viel zu geringem Maße von diesem Wachstum profitieren, das seit 2012 vor allem an ausländische Wettbewerber geht.“

Der Marktanteil der deutschen Fluggesellschaften in ihrem Heimatmarkt ist weiter zurückgegangen. Seit 2012 haben die deutschen Fluggesellschaften an den hiesigen Flughäfen 11 Prozentpunkte beim Sitzplatzangebot verloren – der Marktanteil ist von 67 Prozent auf 56 Prozent im Jahr 2019 gesunken. Auch die Entwicklung der Anbindungsqualität Deutschlands wirft Fragen auf. Deutschland verfügt zwar über eine sehr gute Konnektivität auf dem Luftweg mit vielen Direktverbindungen in die ganze Welt. Doch während die Gesamtzahl der von Deutschland aus direkt zu erreichenden Ziele seit 2012 weitgehend stabil ist, geht die Zahl der Direktverbindungen nach Asien zurück. Dies ist besonders bemerkenswert, weil diese Region über die dynamischste wirtschaftliche Entwicklung verfügt und auch die Luftverkehrsnachfrage dort weiter wächst. Der Verlust von Direktverbindungen in den asiatischen Raum zeigt, dass ein erheblicher Anteil dieser Verkehre nicht mehr direkt ab Deutschland abgewickelt wird, sondern über Drehkreuze von Wettbewerbern mit besseren Standortbedingungen, insbesondere im Nahen Osten und Istanbul.

Vor diesem Hintergrund betonte Matthias von Randow die Bedeutung von wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen: „Die deutschen Luftverkehrsunternehmen haben ohnehin eine Reihe von Lasten zu schultern, die ihre ausländischen Wettbewerber so nicht kennen, wie etwa die im nationalen Alleingang eingeführte Luftverkehrsteuer. Weitere nationale Alleingänge mit zusätzlichen Steuern und Abgaben wären der völlig falsche Weg. Sie würden Verkehr und damit CO2-Emissionen nicht verringern, sondern nur zu Wettbewerbern im Ausland verschieben.“ Klimaschutz sei eine zentrale Zukunftsaufgabe für die Luftverkehrswirtschaft und die Politik, dabei setze sich die Branche aber für innovations- und marktbasierte Instrumente ein, die tatsächlich etwas für den Klimaschutz bringen, anstatt Emissionen nur zu verlagern. „Dem Klima wäre tatsächlich geholfen, wenn die Politik das Aufkommen aus der Luftverkehrsteuer in die Förderung von innovativen Technologien stecken würde, etwa die Markteinführung eines regenerativen Kraftstoffs. Hierbei brauchen wir dringend Fortschritte, damit wir unserem Ziel des CO2-freien Fliegens näherkommen.“

Die Pünktlichkeit hat sich im gesamten europäischen Luftverkehr in der ersten Jahreshälfte etwas verbessert. Insbesondere an den deutschen Flughafenstandorten sind die Verspätungen zurückgegangen. Die Maßnahmen, die die Luftverkehrsunternehmen der Politik zugesagt haben, um den Flugbetrieb zu stabilisieren, zeigen also ihre Wirkung. Dennoch bleiben Herausforderungen: „Die weiter steigende Nachfrage im Luftverkehr stellt nach wie vor eine enorme Herausforderung für die luft- und bodenseitige Infrastruktur sowie für die Flugbetriebe dar. Für eine wirklich nachhaltige Lösung brauchen wir weitere Fortschritte bei der Behebung der strukturellen Kapazitätsengpässe, insbesondere bei der Organisation der Flugsicherung in Europa und bei den staatlichen Sicherheitskontrollen an den deutschen Flughäfen.“

Die Ergebnisse des ersten Halbjahres 2019 im Einzelnen:

   - Fluggesellschaften: Der weltweite Luftverkehr ist im ersten 
     Halbjahr 2019 um 4,6 Prozent gewachsen und damit weniger stark 
     als im ersten Halbjahr 2018 (6,8 Prozent). Die europäischen 
     Fluggesellschaften zeigen im internationalen Vergleich das 
     dynamischste Wachstum und konnten um 6,4 Prozent zulegen. Die 
     Verkehrsleistung der deutschen Fluggesellschaften ist im Schnitt
     um 4,0 Prozent gewachsen. Dabei hat sich der Marktaustritt von 
     Germania im Januar 2019 dämpfend ausgewirkt - ohne die Insolvenz
     der Germania hätte das Wachstum 5,8 Prozent betragen. Die 
     deutschen Fluggesellschaften verlieren in Summe Marktanteile in 
     ihrem Heimatmarkt: Seit 2012 ist ihr Marktanteil beim 
     Sitzplatzangebot um 11 Prozent zurückgegangen - von 67 Prozent 
     auf 56 Prozent. Das heißt, seit 2012 ging fast das gesamte 
     Wachstum in Deutschland an ausländische Fluggesellschaften, die 
     durchschnittlich um 7,5 Prozent pro Jahr wachsen konnten, 
     während deutsche Gesellschaften im Schnitt nur um 0,4 Prozent 
     pro Jahr zulegen konnten. 
   - Flughäfen: Von Januar bis Juni begrüßten die deutschen Flughäfen
     117 Millionen Passagiere und konnten somit um 4,2 Prozent 
     zulegen. Damit liegt das Wachstum leicht über dem weltweiten 
     (3,6 Prozent) und europäischen (4,1 Prozent) Schnitt. Doch diese
     höhere Wachstumsrate ist im Wesentlichen ein statistischer 
     Basiseffekt: Infolge der Air Berlin-Insolvenz waren im ersten 
     Halbjahr 2018 noch nicht alle Kapazitäten wieder verfügbar; im 
     ersten Halbjahr 2019 ist diese Lücke aber komplett aufgefüllt, 
     was zu der vergleichsweise hohen Wachstumsrate führt. Es gibt 
     große Unterschiede dabei, wie sich die deutschen Flughäfen 
     entwickeln: Während die großen Flughäfen umfänglich am Wachstum 
     teilnehmen und die wegfallenden Kapazitäten von Air Berlin und 
     Germania größtenteils ersetzen konnten, ist die Situation bei 
     den mittleren und kleinen Flughäfen angespannt. 
   - Innerdeutscher Flugverkehr: Die Nachfrage im innerdeutschen 
     Flugverkehr ist mit 11,6 Millionen Passagieren stabil und trägt 
     nicht zum Wachstum bei (in der ersten Jahreshälfte 2012 gab es 
     11,7 Millionen Passagiere). Aufgrund des Ausbaus der 
     Bahnverbindung zwischen Berlin und München hat auf dem 
     Streckenabschnitt zwischen Berlin und Nürnberg eine Verlagerung 
     auf die Schiene stattgefunden. Die Flugstrecke wurde 
     mittlerweile eingestellt. Auf der Flugverbindung zwischen Berlin
     und München ist kein Nachfragerückgang festzustellen. 
   - Flugbewegungen: Die von der DFS Deutsche Flugsicherung 
     kontrollierten Flugbewegungen haben im ersten Halbjahr 2019 um 
     1,3 Prozent zugenommen. Damit sind sie deutlich schwächer 
     gewachsen als in den Jahren 2016 bis 2018. So lag das Wachstum 
     im ersten Halbjahr 2018 bei 3 Prozent. Im Gesamtjahr wird die 
     Wachstumsrate voraussichtlich zwischen 0,5 und 1 Prozent liegen.
     Der deutsche Flugsicherungsraum bleibt mit 3,3 Millionen 
     kontrollierten Flügen im Jahr 2018 weiter der am höchsten 
     frequentierte in Europa. 
   - Pünktlichkeit: Die Pünktlichkeit im europäischen Luftverkehr hat
     sich im Vergleich zum Vorjahr leicht verbessert. Die Maßnahmen, 
     die die Branche im Oktober 2018 mit der Politik vereinbart und 
     umgesetzt hat, zeigen Wirkung: Die Fluggesellschaften haben dazu
     die Zahl ihrer Reserveflugzeuge in Summe mehr als verdoppelt, 
     ihre Flugpläne überarbeitet und am Boden und in der Luft 
     zusätzliche Pünktlichkeitspuffer eingebaut. Die Flughäfen haben 
     über 3.000 Beschäftigte außer Plan bereitgestellt, um 
     Personalengpässe auszugleichen und darüber hinaus zusätzliche 
     Flächen für die staatlich organisierten Passagier-und 
     Gepäckkontrollen zur Verfügung gestellt. Die DFS Deutsche 
     Flugsicherung hat ihre Ausbildungskapazitäten erhöht, mit den 
     Mitarbeitern Vereinbarungen für Mehrarbeit getroffen (u.a. 
     freiwillige Zusatzschichten, längere Verweildauer im 
     Lotsendienst) und Flüge auf einigen Strecken auf niedrigere 
     Flughöhen abgesenkt, um den oberen Luftraum zu entlasten. 
   - Ticketpreise: Die Ticketpreise für Flüge ab deutschen Flughäfen 
     sind im bisherigen Jahresverlauf im Vergleich zum 
     Vorjahreszeitraum leicht um 1 bis 2 Prozent angestiegen. Im 
     April lagen die Preise aufgrund von saisonalen Effekten (Ostern)
     um 5,8 Prozent über dem Vorjahresniveau. 
   - Luftfracht: Die Nachfrage nach Luftfracht sank im ersten 
     Halbjahr des Jahres deutlich - und das weltweit. Während das 
     Wachstum im Vorjahreszeitraum noch 5,3 Prozent betrug, nahm es 
     zwischen Januar und Mai 2019 um -3,3 Prozent deutlich ab. Diese 
     Entwicklung ist insbesondere auf den schwächelnden Welthandel 
     sowie Handelskonflikte zurückzuführen. Im weltweiten Vergleich 
     brach die Nachfrage für die europäischen 
     Frachtfluggesellschaften mit 1,5 Prozent aber deutlich geringer 
     ein. Deutschland ist mit gleich drei Standorten unter den 
     Top-Frachtflughäfen in Europa. Frankfurt bleibt in der ersten 
     Jahreshälfte 2019 der größte Frachtflughafen Europas, auch 
     Leipzig/Halle und Köln/Bonn sind unter den großen 
     Frachtflughäfen Europas. 
   - Ausblick: Die abgekühlte Konjunktur wird sich auch im zweiten 
     Halbjahr 2019 auf die Luftverkehrsnachfrage auswirken. Das 
     Sitzplatzangebot ab deutschen Flughäfen wächst nur noch wenig, 
     da der Auffülleffekt der Air Berlin-Insolvenz Mitte des Jahres 
     weitgehend abgeschlossen ist. Auf das Gesamtjahr bezogen, wird 
     die bisher angemeldete Sitzplatzkapazität ab deutschen Flughäfen
     um 2,3 Prozent wachsen. 

Zweimal im Jahr legt der BDL Kennzahlen zur Lage der deutschen Luftverkehrswirtschaft vor und ordnet diese anhand von internationalen Vergleichszahlen ein. Für den Jahresbericht zieht der BDL unterschiedliche aktuelle Quellen heran: die konsolidierten Zahlen der BDL-Mitgliedsunternehmen, weltweite Vergleichszahlen der internationalen Verbände IATA und ACI sowie Daten des Statistischen Bundesamtes und der europäischen Flugsicherungsorganisation Eurocontrol.
Quelle: Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL)
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