Das so genannte Vorzugspreismodell der Deutschen Lufthansa und Swiss führt zu einer deutlichen Erhöhung der Prozesskosten sowohl in den Reisebüros als auch für Firmenkunden sowie zu einer eklatanten Wettbewerbsverzerrung zulasten des Fremdvertriebs. Darauf weisen der Deutsche ReiseVerband (DRV) und der Verband Deutsches Reisemanagement (VDR) hin und widersprechen damit einer Aussage des Airline-Verbands Barig (Board of Airline Representatives in Germany). „Deren Beurteilung des geplanten Preismodells, wonach für die Reisebüros in Bezug auf die Abrechnung kaum zusätzliche Aufwendungen entstehen würden, ist eindeutig falsch“, sagt DRV-Präsident Klaus Laepple.
„Die Darstellung der vom Airline-Verband beauftragten Unternehmensberatung hat jedenfalls nicht die Prozesse im Reisebüro wiedergegeben“, ergänzt das für Flugthemen im DRV zuständige Vorstandsmitglied Otto Schweisgut. Ganz im Gegenteil: Keiner der von den Branchenverbänden angeführten Kritikpunkte werde beleuchtet – nämlich dass komplexere Prozesse bei Firmenkunden und Reisebüros zu erheblichen Prozesskostensteigerungen führen, die zur geplanten Verteuerung des Ticketpreises noch hinzugerechnet werden müssten.
„Das sogenannte Vorzugspreisprogramm der Lufthansa würde die effektiven Kosten und die Prozesskosten bei den Corporate-Kunden nachhaltig erhöhen“, bestätigt Michael Kirnberger, Präsident des VDR, die Auswirkungen. Die Unternehmen seien letztlich diejenigen, die wieder einmal zur Kasse gebeten würden. „Ein Vorzugspreismodell, das seinen Namen verdient und unsere Bedürfnisse partnerschaftlich berücksichtigt, würde honorieren, wer der Lufthansa satte Gewinne in die Kassen spült“, ergänzt Michael Kirnberger. Ein separates Entgelt für Vertriebsprozesse, das letztlich der Endkunde zu tragen hat, wirke sich kontraproduktiv im Sinne der Verschlankung von Managementabläufen in den Unternehmen aus. Aus Sicht eines professionellen Travel Managements, das durchaus in der Lage ist, Nachfrageströme zu beeinflussen, habe sich Lufthansa mit dem undurchdachten Alleingang einen Bärendienst erwiesen.
„Der Mehraufwand kann anhand von Fakten eindeutig belegt werden“, unterstreicht DRV-Vorstand Schweisgut: Das geplante Preismodell sei ineffizient und verzerre den Wettbewerb, da die Preisdarstellung im Reservierungssystem (GDS) nicht mehr korrekt sei. Die „Vorzugspreise“ würden nicht mit dem tatsächlichen Preis dargestellt und irreführend zu billig und damit zu weit oben in der Liste der Angebote aufgeführt. Der tatsächliche Preis müsse vom Reisebüro in einem getrennten Prozess ermittelt werden – dies bedeute zeitlichen und administrativen Mehraufwand. Außerdem werde der Vergleich mit alternativen Flugangeboten erschwert.
Werde das Flugticket mit Kreditkarte bezahlt, falle auf das GDS-Entgelt zudem ein prozentualer Aufschlag des Kreditkartenanbieters plus Mehrwertsteuer an. Das Disagio für die Bezahlung des GDS-Entgelts würde dem Fremdvertrieb zusätzlich auferlegt. In der GDS-Preisdarstellung würden weder die Kosten für das Disagio noch die Mehrwertsteuer darauf angegeben. Die Folge: Der Reisebürovertrieb würde mit überhöhten Kosten in breiten Wettbewerbs-Segmenten aus dem Markt gedrängt. Das neue Modell hätte zudem eine steigende Steuerbelastung zur Folge: Die GDS-Kosten würden nur für Reisebürokunden mehrwertsteuerpflichtig. Somit gelte die Steuerpflicht nur für GDS-Buchungen, nicht im Eigenvertrieb der Lufthansa. „Das ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für Reisebüros und somit auch für die Firmenkunden“, betont DRV-Vorstand Otto Schweisgut.
Die Mehrwertsteuerverbuchung wird sowohl für die Agenturen als auch die Firmenkunden durch drei unterschiedlich besteuerte Vorgänge aus einer Flugbuchung höchst komplex und bedeutet entsprechend höheren Aufwand. „Damit ist die Aussage des Barig, dass es zu keinem oder kaum Mehraufwand kommt, eindeutig entkräftet. Um alle Prozesse elektronisch und transparent abzubilden, müsste zudem eine neue IT-Infrastruktur geschaffen werden. Fazit: „Die betriebswirtschaftlichen Fakten sprechen eindeutig gegen das so genannte Vorzugspreisprogramm der beiden Fluggesellschaften“, betont DRV-Präsident Klaus Laepple.
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