Vielfliegerprogramme und flache Betten reichen nicht mehr

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„Die Branche verbrennt Geld“, ist sich Dr. Tanja Wielgoß, Partnerin bei der Unternehmensberatung A.T. Kearney, sicher. In einem Impulsvortrag beim Travel Industry Club zur Zukunft der Airline-Industrie definierte sie fünf Erfolgsfaktoren, ohne deren Umsetzung es für die Fluggesellschaften künftig düster aussehe. Nur jene Airlines, die konsequentes Kostenmanagement umsetzen, alternatives Erlösmanagement initiieren, Markenstärke, Kundennähe und globale Marktpräsenz zeigen, seien überhaupt zukunftsfähig.

Michael Garvens, Vorsitzender der Geschäftsführung Flughafen Köln/Bonn, und der Luftfahrtexperte Andreas Spaeth waren sich im Gespräch beim Travel Industry Club einig, dass die derzeitigen Gewinner im Kampf am Himmel leicht auszumachen sind: Emirates beweist globale Marktpräsenz und hat mit Dubai den idealen Hub für die weltweite Vernetzung. Ryanair ist in punkto Kostenmanagement derzeit nicht einzuholen und profitiert von seiner Vorreiterrolle im Erlösmanagement. Nicht der Ticketverkauf generiert also den Gewinn des Low Cost Carriers, sondern der Verkaufserlös von Zusatzleistungen, den sogenannten „Ancillary Revenues“, deren Margen wesentlich gewinnträchtiger sind als die reine Flugleistung. Turkish Airlines brilliert derzeit mit einem sensationellen Produkt und hervorragender Kundenorientierung, sind sich die Experten einig.

Dennoch birgt der Markt auch für erfolgreiche Fluggesellschaften derzeit enorme Herausforderungen, weiß Professor Dr. Adrian von Dörnberg, Präsidiumsmitglied des Travel Industry Club und Moderator der Diskussion. Deregulierung bei gleichzeitigen Infrastruktur-Belastungen mache es den Carriern künftig schwerer, sich auf das Kerngeschäft zu konzentrieren und wirtschaftlich zu agieren. So seien Einflussfaktoren wie hohe Kerosinpreise, Nachtflugverbote, Emissionsrechtehandel, Luftverkehrsabgaben und Bürgerentscheide über den Ausbau von Flughäfen wahre Erfolgskiller. Kritik aus den Reihen der Branchenvertreter wurde in diesem Zusammenhang insbesondere an der außerordentlich schlechten Lobbyarbeit der Airline-Industrie laut.

Weitere Herausforderungen der Airline-Branche hat die Expertenrunde im Nachlassen des rasanten Wachstums der Low Cost Carrier identifiziert. Deren günstige Kostenstrukturen reichen möglicherweise nicht aus, um auf Dauer die derzeit erfolgreiche Differenzierung aufrecht zu erhalten. Zudem haben die Billigflieger im Langstreckengeschäft noch nicht Fuß gefasst, was langfristig den Erfolg in diesem Segment beträchtlich schmälern und zu einer Marktbereinigung führen könnte.

Insgesamt wird den Airlines ein großes Defizit bei der Besetzung der Führungsetagen attestiert. So fordert auch Unternehmensberaterin Dr. Wielgoß mehr Diversifikation in der Führungsspitze von Fluggesellschaften durch Spiegelung der Kunden im Management und der Belegschaft. Dazu seien Quereinsteiger, internationale Mitarbeiter und Frauen derzeit ein personelles Manko, das es auszugleichen gilt. Konstatiert wurde von den Experten zudem, dass im Airline-Business nur zukunftsfähig ist, wer Emotionen und Werteversprechen in die Entwicklung der Marke einfließen lässt. Insbesondere aus den Reihen der Geschäftsreisevertreter ist die schnelle Anpassung der Airline-Produkte an die modernen Kunden- und Marktanforderungen ein wesentliches Entscheidungskriterium für oder gegen eine Airline. „Vielfliegerprogramme und flache Betten reichen nicht mehr“, resümierte Dr. Wielgoß.

www.travelindustryclub.de