Die Schlichtungsstelle für Flugpassagiere steht vor dem Start

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Schon 2012 haben Bundestag und Bundesrat die Schaffung einer privatrechtlich organisierten Schlichtungsstelle im Luftverkehr beschlossen. Zum 1. November 2013 treten nun mehr als 100 in Deutschland aktive Fluggesellschaften der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) bei. Die Schiedsstelle soll zukünftig unter anderem Ausgleichsansprüche der Fluggäste gegen die befördernde Airline prüfen und geltend machen, die bei Verspätungen von mehr als drei Stunden, Annullierungen oder Überbuchung entstehen. Dabei trifft die Zahlungspflicht die Airline nicht nur bei Flügen, die direkt bei ihr gebucht wurden, sondern auch bei Pauschalreisen eines Reiseveranstalters oder wenn das Ticket über Vermittlungsportale gebucht wurde.

„Wenden sich einzelne geschädigte Passagiere an die Fluglinien, erhalten sie nur in den seltensten Fällen ihren Schadenersatz. Einige Airlines ignorieren sogar Kundenbeschwerden von Einzelpersonen per se“, gibt Andreas Sernetz, Gründer und CEO des Verbraucherschutzportals www.Fairplane.net, zu bedenken.

Insofern sei eine Schiedsstelle zwar grundsätzlich zu begrüßen. Sie vereinfache das Beschwerdemanagement und setze Passagierrechte durch. Sernetz sieht aber auch Schwachstellen: „Zum einen ist das Verfahren bürokratisch und der Schlichtungsvorschlag nicht verbindlich. Die ganze Schlichtung setzt also die Bereitwilligkeit der Airlines voraus. Und ob diese betroffene Passagiere nun schneller entschädigen, bezweifle ich stark. Zum anderen können sich nur Personen, die ein einzelnes Ticket selbst gebucht und bezahlt haben, im Streitfall an die Schlichtungsstelle wenden. Pauschal- oder Geschäftsreisende bleiben damit außen vor. Gerade diese Passagiere sind aber besonders häufig betroffen.“

Das Fazit zur neuen Schlichtungsstelle fällt demnach zwiespältig aus. Zwar biete sie für einen Teil der betroffenen Passagiere eine zusätzliche Anlaufstelle bei Problemen mit Fluggesellschaften. Wie erfolgreich sie agieren wird, hänge aber nicht zuletzt von der Akzeptanz der Fluglinien ab. Als problematisch sieht Sernetz, dass sich die Schlichtungsstelle nicht vorbereiten konnte und aus dem Stand heraus startet. „Kundenbeschwerden gegen Fluggesellschaften sind komplexe Sachverhalte und benötigen eine entsprechend tiefgehende Bearbeitung, um zu einer Entscheidung zu kommen. Damit der Bearbeitungsprozess professionell ablaufen kann, muss die Schiedsstelle erst ein Know-how speziell für Fluggastrechte aufbauen. Nach unserer Erfahrung und nach den Bereichen, die die Schlichtungsstelle abdeckt – zum Beispiel auch verlorenes Gepäck – sind die angenommen Fallzahlen um ein vielfaches zu gering geschätzt. Daher rechnen wir mit einer Überforderung der Schiedsstelle und sehr langen Bearbeitungszeiten.“

Auch ohne die Schiedsstelle haben Fluggäste die Möglichkeit, zu ihrem Recht zu kommen. Verbraucherschutzportale wie Fairplane.net prüfen kostenlos, ob berechtigte Ansprüche vorliegen und betrauen erfahrene Fachanwälte mit der Durchsetzung – wenn nötig auch vor Gericht. An diese Anbieter können sich alle Fluggäste wenden, unabhängig davon, ob es sich um einen Linienflug, eine Geschäftsreise oder den Bestandteil einer Pauschalreise handelte.