Neue Gepäckkontrollen erkennen Flüssigsprengstoff

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Flüssigexplosivstoff lässt sich leicht herstellen. Terroristen können die Chemikalien daher für Anschläge nutzen – etwa auf Flugzeuge. Neue Detektionssysteme an den Sicherheitskontrollen der Flughäfen sollen künftig helfen, die gefährlichen Substanzen aufzuspüren. Forscher testen die Geräte jetzt in ihren Speziallabors.

Die meisten Fluggäste empfinden es als lästig: das Flüssigkeitsverbot fürs Handgepäck. Die im November 2006 in Europa eingeführten Sicherheitsvorschriften im Flugverkehr sehen vor, dass Passagiere Flüssigkeiten wie Cremes, Zahnpasta oder Sonnenmilch nur noch in 100-Milliliter-Behältern mitnehmen dürfen. Die EU reagierte mit diesen Bestimmungen auf vereitelte Anschläge mit Flüssigexplosivstoff, die Terrorverdächtige im August 2006 auf Transatlantikflüge geplant hatten. Jetzt können Reisende auf eine Aufhebung des Verbots hoffen. Am 19. November 2009 hat der EU-Regelungsausschuss der Mitgliedsstaaten einen entsprechenden Vorschlag der EUKommission angenommen. Danach soll das Flüssigkeitsverbot in zwei Stufen fallen. Zunächst werden Transitpassagiere ab dem 29. April 2011 Flüssigkeiten mitnehmen können. Im zweiten Schritt soll die Mengenbegrenzung ab dem 29. April 2013 komplett gekippt werden. Ein entsprechendes Gesetz will die EU-Kommission noch diesen August auf den Weg bringen. Geräte, die zuverlässig zwischen Flüssigsprengstoff und harmlosen Substanzen wie Cola, Parfüm oder Shampoo unterscheiden können, sollen künftig an den Sicherheitskontrollen stehen.

Dies ist auch der Wille der European Civil Aviation Conference (ECAC), die standardisierte Detektionsverfahren und Prüfroutinen für Flüssigexplosivstoffe festlegt. Durchgeführt werden die Sprengstoff-Tests vom Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT in Pfinztal. Das Innenministerium hat das Institut offiziell als Deutsches Test Zentrum benannt. Dabei kooperieren die Forscher mit der Bundespolizei. »In unserem Sicherheitslabor können wir die Untersuchungen unter sämtlichen Sicherheitsvorkehrungen durchführen«, sagt Dr. Dirk Röseling, Wissenschaftler am ICT. »Die Hersteller bringen ihre Detektionsgeräte entweder in Eigeninitiative oder nach Aufforderung der ECAC in unser Labor, weisen uns in die Bedienung ein und verabschieden sich dann. Anschließend starten wir die Tests.« Doch wie funktionieren diese? In ihren zum Teil ferngesteuerten Versuchsanlagen der Sicherheitslabore stellen die Forscher zunächst die Explosivstoffe nach Vorgabe der ECAC her. Die Organisation erhält die Liste der Substanzen von den Sicherheitsdiensten. Anschließend muss das Detektionsgerät den Flüssigsprengstoff automatisch als solchen identifizieren, ebenso wie die unverdächtige Substanz. Beispielsweise darf es ein Shampoo nicht als Sprengstoff erkennen und einen Fehlalarm auslösen. Je nach Szenario erfordert das individuelle Testmethoden und Systeme: Müssen beispielsweise geöffnete Flaschen geprüft werden, so detektieren Sensoren die Dämpfe. Soll die Gepäckkontrolle hingegen ungeöffnete Flaschen in einer Wanne scannen, werden etwa Röntgengeräte eingesetzt. Die Testergebnisse liefern die Experten entweder direkt an die Hersteller oder an die Bundespolizei, die die Resultate an die ECAC weiterleitet. Diese wiederum informiert die Unternehmen, ob ihr Gerät für eine Zertifizierung geeignet ist.

»Bisherige Gepäckkontrollen erkennen nur Metalle und feste Sprengstoffe. Künftige Geräte identifi zieren auch Flüssigsprengstoff. Erste Tests am Frankfurter Flughafen sind bereits erfolgreich gelaufen«, resümiert Röseling.