Das Management der Lufthansa-Tochter Eurowings räumt ein, dass es mit der Fülle an Problemen in den vergangenen Monaten überfordert war. „Ende Mai brach die Katastrophe über uns herein“, sagte Eurowings-Geschäftsführer Michael Knitter im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin ‚Capital‘ (Ausgabe 8/2018, EVT 19. Juli 2018).
Durch Fluglotsenstreiks, Unwetter und Staus im Luftraum seien die Abflugzeiten für manche Flüge über den Tag verteilt bis zu zehnmal vor- und zurückgeschoben worden. „Da sind wir komplett aus der Kurve geflogen“, gestand der Eurowings-COO (Chief Operating Officer) gegenüber ‚Capital‘ ein. „Das konnte ich nicht mehr puffern.“
Die Fluggesellschaften, die Risiken wie Streiks oder schlechtes Wetter immer einkalkulieren müssen, sahen sich in den vergangenen Wochen mit außergewöhnlich vielen Stornierungen und massiven Verspätungen im gesamten Luftverkehr konfrontiert. Durch Probleme bei der Air-Berlin-Übernahme konnte die Eurowings-Führung damit nicht mehr angemessen umgehen. Die Billigfluggesellschaft hatte alle Reserven bis zum Anschlag ausgereizt – inklusive der zehn Maschinen, die das Unternehmen sonst stets als Puffer bereithält. „Das alles kam mitten in unseren Integrationsprozess gerauscht“, sagt Knitter. „Die Ausmaße haben wir vielleicht unterschätzt. Unsere Organisation ist nicht darauf ausgerichtet, mit solchen Katastrophen umzugehen.“
Das Chaos der vergangenen Wochen zeigt, dass nicht allein Wetterkapriolen und widrige Umstände die Schwierigkeiten verursachen, wie es das Unternehmen nach außen gern darstellt, sondern auch hausgemachte Probleme. Eines davon ist die hindernisreiche Übernahme von Teilen des insolventen Konkurrenten Air Berlin, ein anderes die Wildwuchsstruktur der rapide expandierenden, aus lauter eingeschränkt kompatiblen Teil-Fluglinien zusammengesetzten Airline. Zudem setzt Lufthansa-Chef Carsten Spohr die Billigflugtochter mit hohen Gewinnerwartungen und weiteren Expansionsplänen weiter unter Druck.
Das Eurowings-Management mahnt selbst zu mehr Vorsicht. Knitter gibt zu, noch nie an einem Projekt mitgearbeitet zu haben, „das so kompliziert war und sich von Woche zu Woche verändert hat“. Seine Lehre für die nächsten Übernahmen lautet: „Das ist ein kontinuierlicher Lernprozess. Einiges würden wir konservativer angehen.“
Quelle: Wirtschaftsmagazin Capital
Mehr Luftfahrtnachrichten auf aviation.travel