Tropenreisen: Gefahren und rationale Vorsorge

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Eine wesentliche Entwicklung in der Reisemedizin der letzten Jahre ist die Etablierung internationaler „Surveillance-Netzwerke“, die weltweit Daten zu Erkrankungen erfassen. „Damit lassen sich reisemedizinische Empfehlungen, beispielsweise zu Impfungen oder zur Malariaprophylaxe, wissenschaftlich begründen – auch die Reisemedizin ist jetzt ‘evidence-based‘“, erklärte Kongresspräsident Professor Gerd Burchard* auf der heutigen Pressekonferenz der 3. Northern European Conference on Travel Medicine (NECTM) in Hamburg.

Vor einigen Jahren beispielsweise noch ohne eindeutigen Beweis, heute jedoch durch wissenschaftliche Daten erwiesen: Malaria bleibt unverändert eine der wichtigsten importierten Tropenkrankheiten bezüglich ihrer Häufigkeit und Gefährlichkeit. Erst vor kurzem entdeckten Wissenschaftler in Südostasien erstmals eine Malaria-Art, die gewöhnlich bei Affen, doch nun häufiger auch bei Menschen auftritt – mit zum Teil lebensbedrohlichen Verläufen. Globalisierung und Klimawandel tragen unter anderem dazu bei, dass sich auch neue Malariaerreger schneller ausbreiten. „Um vorbereitet zu sein, müssen die Malariaprophylaxe-Empfehlungen regelmäßig aktualisiert werden“, forderte Burchard auf der Pressekonferenz.

Die aktuellen Daten der Surveillance-Netzwerke zeigen außerdem, dass Erkrankungen wie Hepatitis A, Hepatitis B und Typhus trotz verfügbarer Impfstoffe weiterhin importiert werden. Dies zeige, dass der Impfschutz oft nicht ausreichend sei, bedauerte der Kongresspräsident. Bei anderen Erkrankungen wie z.B. der bakteriellen Gehirnhautentzündung müsse die Versorgungslücke durch wirksame, neue Impfstoffe geschlossen werden.

Allerdings gibt es noch ganz andere Gefahren, die die Überwachungs- Netzwerke weltweit beobachten. „Hier sind sicherlich in erster Linie die Verkehrsunfälle in den Tropen zu nennen“, sagte Burchard. „Eine gute reisemedizinische Beratung vor Tropenreisen sollte auch hierauf hinweisen.“

Reisende entscheiden selbst
Der Reisende sollte in der Lage sein, nach einer reisemedizinischen Beratung selbständig über Präventionsmaßnahmen zu entscheiden. Eine rationale Beratung sollte über die Risiken von Infektionskrankheiten und über den Nutzen der Prophylaxe-Maßnahmen aufklären. Nutzen und Risiken werden mit Quotienten beschrieben. Risiken befinden sich immer im Wettstreit mit anderen Risiken – ihre Bewertung erfordert also eine Abwägung. „Ob der Nutzen einer Impfung größer ist als die Risiken durch die Infektion muss in klinischen Studien und mittels systematischer Beobachtung geklärt werden. Dazu soll der diesjährige Kongress beitragen“, betonte Burchard.

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