Schadensersatz für Flugänderungen – auch bei Pauschalreisen

129

Stuttgart. Die Pauschalreise ist gebucht, die Flugzeiten liegen günstig, doch dann kommt ein Schreiben des Veranstalters: Die Abflugzeiten wurden verlegt. Nicht wenigen ist das schon passiert und häufig war die Verlegung ein Ärgernis. Denn statt morgens sollte man plötzlich erst am späten Nachmittag in den Urlaub starten oder deutlich eher zurückfliegen, als geplant. Reisende fühlen sich dann um einen Urlaubstag betrogen. So verständlich das auch ist, viele der den Flug betreffenden Änderungen sind rechtmäßig.

Nach der derzeit vorherrschenden Rechtsprechung müssen bei Pauschalreisen Änderungen der Flugzeiten, wie sie sich die
Reiseveranstalter in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) vorbehalten, im allgemeinen hingenommen werden. «Die Gerichte gehen bei Urlaubsreisen mit Charterflügen nach wie vor überwiegend davon aus, dass An- und Abreisetage der Beförderung und nicht der Erholung dienen», erläutert Rainer Noll, Experte für Reiserecht beim Anwaltverein Stuttgart, den Sachverhalt.

Trotzdem hat alles seine Grenzen und nicht alles muss klaglos hingenommen werden. Auch Gerichte gehen in bestimmten Fällen immer öfter davon aus, dass Flugzeiten nicht beliebig geändert werden können. So wurde am Amtsgericht Hannover im Fall von Gran-Canaria-Urlaubern entschieden, dass diese die Hälfte ihrer Kosten für den letzten Reisetag erstattet sowie fünfzig Euro Schadensersatz bekommen sollten. Der Rückflug war nach einer Woche Aufenthalt von 17.35 Uhr auf 7.30 Uhr morgens vorverlegt worden. Das Gericht sah das als gravierende Verkürzung der gesamten Reisedauer und befand, dass die bei der Buchung erweckten Erwartungen des Reisenden an den letzten Urlaubstag nicht beliebig unterschritten werden dürften (AG Hannover, Az: 519 C 7511/08).

Doch einig ist sich die Rechtsprechung nicht. In Düsseldorf ging es um einen ähnlichen Fall, bei dem der Rückflug sogar von nachmittags auf fünf Uhr morgens verlegt worden ist. Hier erhielten die Urlauber zwar auch 40 Prozent des Tages-Reisepreises zurück, aber nur, weil das Gericht befand, dass durch den extrem frühen Aufbruch zum Flughafen die Nachtruhe gestört gewesen sei (AG Düsseldorf, Az: 232 C 8790/08).

Anwalt Noll warnt wegen der Uneinigkeit der Gerichte davor, den Reisevertrag bei Änderungen von Flugdaten vorschnell zu kündigen.
Denn eine Kündigung wird vor Gericht nur dann als rechtmäßig anerkannt, wenn die Änderungen als erheblicher Mangel oder unzumutbar angesehen werden. In anderen Fällen bleibt man auf dem Reisepreis oder den Stornokosten sitzen. Das gelte laut Noll ebenfalls bei etwas
eindeutigeren Sachverhalten, wie zum Beispiel der Änderung des Abflug- oder des Zielflughafens. Denn auch hier komme es auf den
Einzelfall an, was zumutbar sei oder nicht: Wer erwägt, seine Reise wegen der Änderungen nicht anzutreten, sollte sich deshalb vor einer Kündigung rechtlich beraten lassen.

«Bei einer Änderung des Abflug- oder Zielflughafens sind allerdings die zusätzlich entstehenden Kosten vom Veranstalter zu tragen, gegebenenfalls kann außerdem der Anspruch auf
Reisepreisminderung bestehen», so der Reiserechtsexperte weiter. Doch egal ob die Flugzeiten oder der Flughafen geändert wurden: Bevor man die Reise antritt, sollte man unbedingt der Änderung widersprechen und sich Ansprüche vorbehalten, am besten schriftlich per
Einschreiben und Rückschein. «Unterbleibt eine solche vorsorgliche Anzeige an den Reiseveranstalter, können Ansprüche durch den
vorbehaltlosen Reiseantritt verloren gehen», warnt Noll. Geht es um den Rückflug, sollte man sich entsprechend an den zuständigen Reiseleiter wenden. Die vorsorgliche Anzeige ersetzt allerdings nicht die konkrete Geltendmachung von Ansprüchen auf Reisepreisminderung oder Kostenerstattung, die innerhalb eines Monats nach Ende der Reise erfolgen muss.