Mehr als 3.000 Reisebüros nutzen mutmaßlich illegales Programm

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Wahrscheinlich mehr als 3.000 und damit fast ein Drittel der deutschen Reisebüros nutzen eine mutmaßlich illegale Software. Das Mid- und Backoffice-System Argus von Schmetterling Reisen basiert laut einem Gutachten eindeutig auf dem Programm Aurora (jetzt Etacs) der Etacs GmbH. Schmetterling verstößt gegen Paragraph 69c des Urheberrechts, indem es die auf Etacs basierende Software vervielfältigt, verbreitet, verändert und bearbeitet.

In einem analogen Verfahren hat ein vom Landgericht Potsdam beauftragter, vereidigter Sachverständiger jetzt in einem Gutachten bestätigt, dass die Software Travelius weitgehend identisch mit Etacs/Schmetterling ist. Das bei Lew I Lew (einer GmbH nach polnischem Recht) installierte Programm basiere auf dem Etacs-Quellcode, so der Gutachter.

Der Geschäftsführer von Lew I Lew war bis 2008 bei Etacs beschäftigt, dann in Diensten von Schmetterling, bevor er sich selbständig machte. Dabei nutzte er immer den Quellcode, also die Software, dessen Urheber die Etacs GmbH ist, was unter anderem notariell festgehalten worden ist.

Hans-Joachim Klenz, Geschäftsführer der ETACS GmbH und CEO der Ypsilon.NET AG, sagt dazu: „Endlich hat ein unabhängiger Gutachter bestätigt, dass Lew I Lew gegen das Urheberrecht verstößt, weil Travelius auf Etacs basiert. Hoffentlich kommt es jetzt schnell zu einer abschließenden, gerichtlichen Entscheidung, damit dem ungesetzlichen Handeln von Lew I Lew ein Ende gesetzt wird.“

Das Gutachten bestätige außerdem, so Klenz weiter, dass die Software über Schmetterling Reisen, dem einstmaligen Lizenznehmer der Software, an Lew I Lew gekommen sei. „Schmetterling hat gegen die Lizenzvereinbarung verstoßen, indem sie die Software weitergegeben hat. Außerdem nutzt das Unternehmen die Software ohne Genehmigung selbst und lässt sie über ihre Tochter Cordio vertreiben. Damit verstoßen Schmetterling, Cordio und Lew I Lew gegen das Urhebergesetz.“

Etacs-Anwalt Thomas Filler ergänzt, dass es sehr ungewöhnlich sei, dass das am Landgericht Nürnberg anhängige Verfahren gegen Schmetterling/Cordio nicht vorankomme, weil immer noch kein gerichtliches Gutachten vorläge. „Die Verzögerung von gut einem Jahr, das Gutachten zu erstellen, ist unerklärlich und unverzeihlich“, so Filler, „denn so hat Schmetterling weiter Zeit, so viel wie möglich an der Software zu ändern, um weiterhin zu versuchen, es als eigene Entwicklung auszugeben.“

„Die Faktenlage ist eindeutig“, fasst Hans-Joachim Klenz zusammen, „das bestätigen sogar die Schmetterling-Anwälte. Sie spielen auf Zeit und mit der Tatsache, dass mindestens 3000 und damit fast ein Drittel der deutschen Reisebüros betroffen wären, wenn sie das Programm abschalten müssen.“ Das ändere aber nichts an der Tatsache, dass sie Etacs-Software widerrechtlich nutzten. Filler: „Ich bin überzeugt, dass es sich um eine schwere Straftat im Bereich des Urheberrechts handelt. Das werden die Gerichte bestätigen – auch wenn es noch etwas dauert.“