Urlaubshotels, die ihren Gästen Alkohol in unbegrenzten Mengen gratis anbieten, müssen akzeptieren, dass die Gäste auch mal laut werden. Wenn der Reiseveranstalter die angetrunkenen Gäste vorzeitig aus dem Hotel schmeißen lässt und diese dadurch früher nach Hause reisen müssen, trägt der Veranstalter die Mehrkosten der Rückreise, teilt die Onlineplattform ferienretter.de mit. Diesen Fall entschied jüngst das Amtsgericht Viersen zugunsten eines Ehepaares, das in einem ausländischen Hotel in angetrunkenem Zustand mehrfach lautstark stritt. Amtsgericht Viersen, Urteil vom 09.04.2013 – 2 C 446/11.
Nach Mitteilung von Rechtsanwalt Thomas Allgaier von der Onlineplattform ferienretter.de hatten der betroffene Urlauber und seine Lebensgefährtin eine 18-tägige All-inclusive-Flugreise in die Türkei zum Gesamtpreis von 1.043 Euro gebucht. Nach gut einer Woche wurden sie aber wegen angeblicher nächtlicher Ruhestörung der übrigen Gäste ihres ersten Hotels verwiesen. Die Reiseleitung kümmerte sich um ein Ausweichquartier. Doch unmittelbar nach der Ankunft im zweiten Hotel hatte sich das Paar sofort an die dortige Poolbar begeben, wo es dann wieder zum Eklat kam, sodass das Management sich weigerte, sie überhaupt erst einzuchecken. Unter anderem haben die beiden in unsittlicher Manier an der Bar Zärtlichkeiten ausgetauscht.
Dem Paar blieb nur noch übrig, die Reise abzubrechen und sich den vorzeitigen Rückflug in eigener Regie zu organisieren. Mit erheblichen Mehrkosten, die sie nun vom deutschen Reiseveranstalter zurück verlangten. Zu Recht, so das Gericht – zumindest was den Mehraufwand für die individuelle Heimreise angeht. Das Gericht folgte nicht der Argumentation des zahlungsunwilligen Touristikunternehmens, die Gäste wären permanent vollkommen betrunken gewesen und seien durch ihr Verhalten am Urlaubsort also selbst an der vorzeitigen Beendigung der Reise schuld.
Eine All-inclusive-Reise zeichne sich gerade dadurch aus, dass Speisen und Getränke unbegrenzt zur Verfügung stehen – einschließlich der Alkoholika. Insofern stelle der vermehrte Genuss alkoholischer Getränke in diesem Fall ein geradezu typisches Reiseverhalten dar.
Deshalb sind hier – so das Gericht – alkoholbedingte Verfehlungen in einem höheren Maße zu tolerieren, als dies normalerweise in Frage käme. Und wenn der Alkohol dabei zur mitunter lautstarken Eskalation eines Beziehungsstreits führt, halte sich das grundsätzlich im hinzunehmenden Rahmen. Lautstarke Auseinandersetzungen sind jedenfalls kein ausreichender Grund für eine Vertragskündigung seitens des Reiseveranstalters.
Der Reiseveranstalter wurde verurteilt, den vorzeitigen Rückflug in Höhe von 146,50 Euro sowie die individuelle Zugfahrt vom Flughafen nach Hause in Höhe von 20 Euro zu ersetzen. Denn diese Zusatzkosten wären nicht entstanden, hätte sich der Urlaub vertragsgemäß in voller Länge bis zum gebuchten Abreisetag erstreckt. Das vor Gericht siegreiche Ehepaar wird bei der Urteilsverkündung vielleicht an einen Ausspruch des US-Schauspielers Humphrey Bogart gedacht haben: „Man muss dem Leben immer um mindestens einen Whisky voraus sein.“