Kritik der Reisemittler an Lufthansa-Bestpreisstrategie

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Mit deutlichen Worten kommentiert der Reisevertrieb im Deutschen Reiseverband (DRV) den Vorstoß der Lufthansa Group, ab April den Absatz über ihre eigenen Direktvertriebskanäle mit Bestpreisen, die erstmalig exklusiv nur auf NDC- und Direct Connect-Buchungskanälen angeboten werden, zu forcieren. Die Reaktionen sind eindeutig: „Die Lufthansa wirft damit Knüppel in die Beine des Reisebürovertriebs. Sie entzieht dem Fremdvertrieb wettbewerbsfähige Preise und verabschiedet sich aus dem neutralen Preis-Leistungsvergleich“, bewertet Ralf Hieke, DRV-Vizepräsident der mittelständischen Reisemittler, die Lufthansa-Aktivitäten. Und Otto Schweisgut, Vorsitzender des DRV-Ausschusses Flug, ergänzt: „Das ist eine klare Diskriminierung des Fremdvertriebs durch gravierende Wettbewerbsvorteile für den Eigenvertrieb.“ Der DRV-Vorstand und DRV-Ausschussvorsitzende Business Travel Stefan Vorndran kritisiert zudem die unzureichende technische Umsetzung: „Die derzeit im Markt verfügbaren technischen Anwendungen sind allesamt für den professionellen Flugschein-Vertrieb gerade im Geschäftsreisebereich nicht brauchbar. Durch die Anbindung solcher Tools beziehungsweise deren Anwendung entstehen Mehraufwände, die erheblich sind.“

Die DRV-Vertriebs-Vertreter sehen vornehmlich drei Kritikpunkte:

Für Urlauber und Geschäftsreisende geht die Vergleichbarkeit verloren:
Der Schlüssel zum Erfolg des Reisebürovertriebs ist die Unabhängigkeit und Neutralität der Beratung. Diese Neutralität und die Unterstützung beim Vergleich der Angebote suchen die Kunden. Dafür werden zwingend neutrale Buchungssysteme benötigt. Individuelle Anbindungs-Lösungen, die eine Vergleichbarkeit und Transparenz im Markt unmöglich machen, sind hier kontraproduktiv. „Die Airlines, auch gerade die Lufthansa, wollen um jeden Preis den ‘neutralen Marktplatz‘ verlassen und sowohl den Preis- als auch den Servicewettbewerb verschleiern“, beobachtet DRV-Vorstandsmitglied Joachim Horn. DRV-Vizepräsident Ralf Hieke fügt hinzu: „Den Preis für weniger Transparenz zahlt am Ende der Kunde. Aber: Der günstigste Lufthansa-Tarif muss nicht unbedingt der beste Preis im Markt sein. Reisebüros finden für ihre Kunden den besten Preis und optimale Reisezeiten im direkten Vergleich aller Anbieter.“

Mit Direct Connect entstehen Systembrüche und mit Buchungen eines Reisebüros über Consolidator wiederum Mehrkosten, mit denen die Lufthansa den Fremdvertrieb aus dem Markt preist:

Otto Schweisgut, Vorsitzender des DRV-Ausschusses Flug, sieht besonders technische Unzulänglichkeiten der individuellen Anbindungen: „Die angebotenen Alternativen decken nunmehr seit Jahren in keiner Weise die erforderlichen Funktionalitäten ab, um eine professionelle und effiziente Betreuung der Reisenden sicherstellen zu können. Ich habe den Eindruck, dass von Seiten Lufthansa wenig Interesse an funktionierender Technologie besteht. Es lässt vermuten, dass durch diese unzureichende Funktionalität und die massive preisliche Benachteiligung der Fremdvertrieb langfristig gezielt benachteiligt werden soll.“
Aktuelle Feldversuche zeigen noch große Probleme bei Benutzerfreundlichkeit und Funktionsumfang des Lufthansa-Direktbuchungskanals von Farelogix: Das Angebotsverzeichnis ist nicht vollständig, die Kombinierbarkeit mit anderen Airlines ist nicht gegeben, und Umbuchungen mit Aufzahlungen sind systemseitig oft nicht durchführbar, sondern nur über das designierte Serviceteam per Telefon.

Der Fremdvertrieb wird schlechter gestellt:
„Lufthansa erhöht mit ihrem Vorstoß den Druck auf die GDS-Anbieter, an einer NDC-Anbindung zu arbeiten bzw. diese zu realisieren. Im Business Travel-Segment werden die Travel Management Companies (TMC) durch die weitere Preisdifferenzierung eindeutig schlechter gestellt. Die neuerliche Preisdifferenzierung zum stationären Vertrieb wird weiteres Geschäft auf lufthansa.com ziehen“, ist sich Stefan Vorndran, DRV-Vorstand und DRV-Ausschussvorsitzender Business Travel, sicher. Und Joachim Horn, DRV-Vorstand der mittelständischen Reisemittler, ergänzt: „Die Vertikalisierung des Lufthansa-Vertriebs wird an den Vertriebspartnern vorbei durchgedrückt. Mittelfristig wird die Loyalität des deutschen Vertriebs zur Lufthansa Group wohl deutlich abnehmen – Freunde erkennt man in schwierigen Zeiten, nicht in den aktuell sonnigen Momenten.“
Quelle: Deutscher Reiseverband e.V.