Gastfreundschaft und Herzlichkeit fängt ganz oben an

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Den persönlichen, positiven Umgang mit den Gästen lernen Mitarbeiter nicht aus dem Unternehmenshandbuch, sondern nur durch Vorleben. Das ist das entscheidende Pfund für Hotels im Wettbewerb und zahlt in den dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg ein.

Passende betriebswirtschaftliche Strukturen, ein gutes Marketing, strategische Investitionen: Das sind unternehmerische Erfolgsrezepte. In der Hotellerie aber kommt es noch auf einen weiteren entscheidenden Aspekt an: nämlich die Gastfreundschaft. Ein Hotel kann von allen Strukturen her wie aus dem Management-Lehrbuch aufgestellt sein – wenn sich die Gäste nicht wohlfühlen, wird ein Betrieb auf lange Sicht nicht erfolgreich sein können. Gastgeberqualitäten sind das A und O, wer seine Gäste nicht als echter, herzlicher Gastgeber empfängt, kann nicht damit rechnen, dass sie ihn allzu oft beehren. Denn die Praxis zeigt, dass selbst Reisende, die beispielsweise aus geschäftlichen Gründen unterwegs sind, gewisse Ansprüche an die emotionalen Aspekte stellen. Freilich: Schnelles und vor allem kostenfreies WLAN ist ihnen wichtiger als das Blumen-Arrangement auf dem Zimmer, aber auch sie wollen als Gäste empfangen und nicht einfach für eine Nacht durchgereicht werden wollen.

Gastfreundschaft lernen Mitarbeiter nicht aus dem Unternehmenshandbuch, sondern nur durch Vorleben. Der Hotelier an die Spitze muss tagtäglich Herzlichkeit im Umgang mit den Gästen beweisen und alles daran setzen, dass sein Haus diese Herzlichkeit ausstrahlt. Das hängt mit dem Gesamtkonzept des Hotels zusammen, von der Gestaltung des Empfangsbereichs bis zum Design der Zimmer. Aber eben insbesondere mit den Menschen, die für das Unternehmen stehen, die dem Hotel sein (am besten unverwechselbares) Gesicht geben.

Die Mitarbeiter lernen vom Hotelier beziehungsweise von den Führungskräften, sie passen sich den Gepflogenheiten an und übernehmen die vorgelebten Verhaltensmuster. Will heißen: Versteht sich der Hotelier nicht als Gastgeber, sondern als Unternehmer, den es eher zufällig ins Hotelfach verschlagen hat, werden auch die Mitarbeiter, die direkt mit dem Gast zu tun haben – ob Empfang, Service oder Verkauf –, sich auf Dauer nicht wie Gastgeber benehmen, die sich immer individuell auf den Belange des Gastes einstellen müssen, sondern ihre Aufgabe eher technisch abarbeiten. Zeigt der Hotelier aber, dass ihm die Gäste als Menschen wichtig sind und persönlicher Aufmerksamkeit, kommunikativer Flexibilität und unbürokratischer Entscheidungen bei möglichen Problemen bedürfen, werden die Mitarbeiter dies beherzigen und im Alltag umsetzen. Gastfreundschaft und Herzlichkeit fängt ganz oben an, damit es an der Basis wirken kann. Und das wird sich denn auch positiv auf die Zahlen auswirken.

Apropos von oben: Jede Art der Unternehmenskultur muss von oben kommen, die Erwartungshaltung, die Mitarbeiter werden schon tun, was man will, ohne dass man etwas dafür gibt (bis auf Gehalt), wird sich in den allermeisten Fällen nicht erfüllen. Gute Führung ist immer ein Thema, das den Unternehmer direkt betrifft und um das er sich kümmern muss. Dazu gehören ein verbindlicher, freundlicher Umgang, echtes Interesse für die Mitarbeiter, flexible Strukturen, um auch individuellen Wünschen beispielsweise hinsichtlich Arbeitszeit wenn möglich entsprechen zu können, und eine hohe Motivationsfähigkeit. Das alles bringt die Mitarbeiter dazu, sich stärker mit dem Hotel zu identifizieren, immer wieder Höchstleistungen zu erbringen und vor allem auch selbstständig zu denken und zu arbeiten. Damit beugen Unternehmer nicht nur einer hohen Fluktuation und Fehltagen wegen Lustlosigkeit vor – sie überzeugen auch die Gäste von ihrem Haus, denn wer sich gut fühlt, arbeitet gut und gibt diese gute Stimmung Tag für Tag weiter.

Der Autor Alon Dorn führt gemeinsam mit seiner Frau Berit das Drei-Sterne-Boutique-Hotel Berial (www.hotelberial.de) in Düsseldorf.