Frankfurter Neue Presse: zur Übernahme von Öger Tours durch Thomas Cook

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Ein Schelm, der Böses dabei denkt: Gerade mal dreieinhalb Wochen ist es her – da versicherte Cook-Chef Manny Fontenla-Novoa in Frankfurt, dass Europas zweitgrößter Touristikkonzern keine Gespräche mehr mit Öger Tours führe. Einen Pauschalreise-Veranstalter wolle Cook in Deutschland übernehmen, bestätigte der Brite. Einen dreistelligen Millionenbetrag und mehr sei man bereit, dafür zu zahlen. Aber Öger sei kein Thema mehr.

Sollte er damals die Wahrheit gesagt haben, dann ist nun verkündete Deal nur der Angst des Self-Made-Man Vural Öger um die Zukunft seines Lebenswerks zu verdanken. Schon oft verhandelte Deutschlands bekanntester türkischer Unternehmer über den Verkauf von Öger Tours – aber am Ende konnte er nicht loslassen. Dass er nun doch verkauft hat, ist sicherlich der Tatsache geschuldet, dass der Einzelkämpfer es versäumt hat, die Nachfolge in seiner Firma zu regeln. Seine Tochter hat er vergrault: Die ist nach Istanbul gezogen, um den dortigen Hotelbereich der Firma auszubauen – deshalb gehört dieser auch nicht zum Deal mit Cook. Und Ögers langjährige Vertriebs- und Marketingchefin Wybcke Meyer verlies das Unternehmen.

So hat sich Öger anscheinend entschlossen, Öger Tours zu verkaufen, bevor davon nichts mehr übrigbleibt. Der große Wurf ist dem 67-Jährigen da nicht mehr gelungen – weder finanziell noch strategisch. Cook kommt mit den 30 Millionen Euro günstig davon; und die Zukunft seines Lebenswerks wäre sicherlich größer gewesen, wenn er Öger Tours vor einem Jahr an den Russen Alexander Lebedew verkauft hätte. Der hätte mit der Marke Öger Tours, den Öger-Hotels in der Türkei und seiner Aeroflot-Beteiligung im Wachstumsmarkt Russland den Grundstein für einen bedeutenden Tourismuskonzern aufbauen können – schließlich sind in der Türkei heute schon mehr russische als deutsche Urlauber zu finden.

Aber auch für Cook ist der Öger-Deal nicht der große Wurf, mit dem dem Konzern im gesättigten, hart umkämpften deutschen Markt der Befreiungsschlag gelingen könnte. Die hiesigen Probleme wie der schwache Eigenvertrieb und der Mangel an Alleinstellungsmerkmalen werden damit nicht gelöst. Und die Synergien tragen nicht wesentlich zur weiteren Verbesserung der Profitabilität bei. Dafür ist Öger Tours schlicht zu klein.

Das ist nicht der Konsolidierungsschritt, der entscheidend dazu beitragen könnte, dass der Wettbewerb im Quellenmarkt Deutschland spürbar nachlässt und Renditen möglich werden, wie sie Cook in Großbritannien verdient, wo Cook und TUI den Markt weitgehend unter sich aufteilen. Noch immer machen viele kleinere, preisagressive Wettbewerber Cook hierzulande zu schaffen. Darauf kann Cook – nach dem Motto „Marge vor Menge“ nicht ewig mit weiteren Kapazitätsreduzierungen antworten. Doch angesichts der Tatsache, dass es in Deutschland noch viele Eigentümer-geführte Touristiker gibt, die sich mit geringen Margen bescheiden, wird eine echte Konsolidierung sehr schwierig werden.

Quelle: Frankfurter Neue Press