Die anhaltende Wirtschafts- und Schuldenkrise in Europa wirkt sich immer deutlicher auch auf die Stimmungslage der Urlauber und in der Reiseindustrie auf dem europäischen Kontinent aus. Die jüngsten Bilder der Proteste von Zyprern mit anti-deutschen Parolen werden dabei nicht nur der Mittelmeerinsel spürbare Einbußen bei Reisenden aus Deutschland bescheren. Das zunehmend deutlich werdende wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen dem Norden und Süden Europas hat nach Einschätzung von Vertretern der deutschen Reiseindustrie durchaus das Potential, die Europäische Union langfristig zu spalten.
Bei einer am Montag veröffentlichten Umfrage unter den Managern der Reiseindustrie durch den Travel Industry Club gehen 87 Prozent der Befragten davon aus, dass Zypern in diesem Jahr definitiv Einbußen bei Urlaubern aus Deutschland hinzunehmen hat. Und 65 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass sich Reisende bei ihrer Entscheidung für ein bestimmtes Urlaubsland durchaus daran orientieren sollten, wie die Menschen im Urlaubsland über Deutschland denken. 87 Prozent sind zudem der Ansicht, dass Bundesbürger durch ihre Entscheidung für ein bestimmtes Reiseziel ein Zeichen des Protestes oder auch der Sympathie setzen sollten. Mit 51 Prozent ist nur eine hauchdünne Mehrheit der Ansicht, dass Urlaubs-Entscheidungen unpolitisch motiviert sein sollten.
Im Fall von Zypern sind nur 21 Prozent der Meinung, dass die Insel als Reiseland keinen Schaden nehmen wird. Und nur 13 Prozent der vom Beratungsunternehmen Trendscope Mitte April befragten 204 Manager können der Idee etwas Positives abgewinnen, Touristen mit einem Angebot an neuen Spielcasinos auf die Insel zu locken. 78 Prozent sind sogar der Meinung, dass der Bau von Spielcasinos dem Image der Insel eher schadet als dass es nutzt. 65 Prozent der befragten Manager sind nicht der Meinung, dass die EU Mitgliedsstaaten wie Zypern braucht.
Während mit 58 Prozent die Mehrheit den für den Sommer geplanten Beitritt Kroatiens als 28. Mitgliedsstaat der EU begrüßt, sind 72 Prozent der Ansicht, dass die EU nicht um Serbien erweitert werden sollte. Und nur 38 Prozent der Manager sind der Meinung, dass die Erweiterung der EU um die Türkei eine logische Folge wäre.
65 Prozent der befragten Entscheider aus der deutschen Reiseindustrie sind der Auffassung, dass das Ungleichgewicht zwischen dem Norden und Süden Europas die EU langfristig spalten kann. Aber nur 34 Prozent sind der Ansicht, dass Reisende aus Deutschland mittel- und langfristig in den von Krisen geschüttelten „Südstaaten der EU“ nicht mehr mit offenen Armen empfangen werden.
Dirk Bremer, Präsident des Travel Industry Club: „Die neueste Umfrage unter den Entscheidern der Reiseindustrie zeigt eindrucksvoll, dass deutsche Urlauber ihre Urlaubsentscheidung heute zunehmend auch tagespolitisch treffen und sich durchaus von Stimmungen außerhalb der Reisekataloge beeinflussen lassen.“