Aufarbeitung der Vergangenheit von Air Berlin beginnt

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Das Ende der ersten Gläubigerversammlungen für drei Gesellschaften des Air Berlin-Konzerns bedeutet eine Zäsur für das Insolvenzverfahren über Air Berlin: Die Verwertung der Vermögensgegenstände ist im Wesentlichen abgeschlossen. Jetzt beginnt Air Berlin-Insolvenzverwalter Prof. Dr. Lucas F. Flöther mit der Aufarbeitung der Vergangenheit.

„Wir prüfen die gesamte Buchhaltung des Air Berlin-Konzerns, ob noch Ansprüche zugunsten der Gläubiger geltend gemacht werden können“, sagte Flöther heute in Berlin. „Das umfasst offene Forderungen ebenso wie Anfechtungs- und Haftungsansprüche. Diese Prüfung geht bis zu zehn Jahre zurück und wird deshalb eine ganze Zeit in Anspruch nehmen. Stellen wir aussichtsreiche Ansprüche fest, werden wir diese einfordern und, wenn nötig, auch auf dem Rechtsweg durchsetzen.“

Das zuständige Insolvenzgericht hatte am 16. Januar 2018 auf Antrag von Air Berlin die Eigenverwaltung im Insolvenzverfahren aufgehoben und Flöther in allen drei Verfahren zum Insolvenzverwalter bestellt. Soeben wurde Flöther von den Gläubigern aller drei Gesellschaften einstimmig im Amt bestätigt. Die Tätigkeit des Air Berlin-CEO Thomas Winkelmann endet unter Berücksichtigung bestehender Kündigungsfristen Ende April 2018. Herr Winkelmann wird aber als Mitglied des „Board of Directors“ dem Insolvenzverwalter bei Bedarf beratend zur Verfügung stehen. Flöther dankte Winkelmann für die konstruktive Zusammenarbeit während der vergangenen Monate. Der Air Berlin-Generalbevollmächtigte Dr. Frank Kebekus scheidet bereits in diesen Tagen aus. „Herr Kebekus hat unter schwierigsten Bedingungen seine Aufgabe übernommen und hat großen Anteil an den erreichten Erfolgen“, unterstrich Flöther.

Flöther hat bereits eine internationale Wirtschaftsprüfungsgesellschaft beauftragt, evtl. Haftungsansprüche gegen frühere Organe der Air Berlin-Gesellschaften sowie gegen Dritte festzustellen. Bereits vor einigen Monaten wurden mit Flöthers Zustimmung mehrere Gutachten beauftragt, um evtl. bestehende Ansprüche gegen den Air Berlin-Gesellschafter Etihad zu prüfen. Diese Prüfung dauert an, da die damit verbundenen Rechtsfragen höchst komplex sind. „Sobald die Prüfung abgeschlossen ist, werde ich gemeinsam mit den Gläubigern entscheiden, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden“, ergänzte Flöther. „Solche Maßnahmen sind allerdings mit erheblichen Kosten verbunden, die aus der Insolvenzmasse – also von den Gläubigern – oder von Dritten finanziert werden müssen. Es muss also eine hinreichende Erfolgswahrscheinlichkeit vorliegen, ehe wir tätig werden können.“

In Kürze beginnt zudem die Prüfung der angemeldeten Forderungen. Die Anmeldefrist läuft Anfang Februar 2018 ab. Flöther hatte in den vergangenen Wochen mehr als 1 Mio. Gläubiger persönlich angeschrieben und sie über ihre Rechte informiert. Die Prüfung und Feststellung der Forderungen wird angesichts dieses enormen Ausmaßes vermutlich Monate, wenn nicht Jahre dauern. Ob allerdings die Gläubiger eine Quote erwarten können, ist höchst ungewiss. Denn nach jetzigem Stand kann noch nicht einmal das vorrangig zu bedienende KfW-Darlehen in vollem Umfang zurück gezahlt werden, das Air Berlin i.H.v. 150 Mio. Euro gewährt wurde. Dennoch empfiehlt Flöther allen Gläubigern, ihre Forderungen anzumelden. „Man weiß nie, was im Laufe eines Insolvenzverfahrens noch passieren kann“, stellte der Insolvenzverwalter abschließend fest.