Ticketverkäufer sollen im Fall von Zugverspätungen Hilfe leisten

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Auf Reisebüros und Touristinformationen, die Zugtickets verkaufen, kommen künftig große Belastungen zu. Zumindest wenn es nach dem Willen des Europäischen Parlaments geht. Es will, dass Ticketverkäufer im Fall von Zugverspätungen oder -ausfällen Hilfe leisten – etwa Mahlzeiten anbieten, über Anschlüsse informieren und für Hotelunterbringung sorgen.

Das ist bisher Aufgabe des Bahnunternehmens. So sollte es auch bleiben – alles andere sei lebensfremd – sagen Norbert Fiebig, Präsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV) und Reinhard Meyer, Präsident des Deutschen Tourismusverbandes (DTV).

DRV-Präsident Norbert Fiebig: „Es kann doch nicht sein, dass die Kleinen die Probleme der Großen lösen. Die heutige Entscheidung des Europäischen Parlaments ist lebensfremd. Es ist absurd, dass Reisebüros mitverantwortlich gemacht werden sollen, obwohl sie mit Verspätungen oder dem Zugausfällen nichts zu tun haben. Vertragspartner der Reisenden sind die Bahnunternehmen – sie sollten für Probleme gerade stehen.“

DTV-Präsident Reinhard Meyer: „Touristinformationen schließen gerade im ländlichen Raum eine Angebotslücke. Sollten die Touristinformationen jetzt wie geplant bei Zugverspätungen und Zugausfällen in die Pflicht genommen werden, hätte das zwangsläufig einen Rückzug aus dem Fahrkartenverkauf zur Folge. Ich bezweifle stark, dass das im Sinne des Verbraucherschutzes ist. Im Gegenteil: hier werden ganz klar die Falschen zur Verantwortung gezogen. Wenn ich am Kiosk eine Briefmarke kaufe, beschwere ich mich auch nicht beim Verkäufer, wenn der Brief nicht ankommt.“

Hintergrund
Das Europäische Parlament hat heute in seiner Plenarsitzung in Straßburg über die Neufassung der Fahrgastrechteverordnung im Eisenbahnverkehr abgestimmt. Dabei ist die Mehrheit der Abgeordneten dem Votum des Verkehrs- und Tourismusausschuss gefolgt, der sich im Oktober dafür ausgesprochen hatte, Fahrkartenverkäufer verstärkt in die Pflicht zu nehmen. Betroffen sind in Deutschland rund 2100 Reisebüros mit DB-Lizenz und Touristinformationen, die Bahntickets verkaufen. Der Ticketverkauf ist für Reisebüros wegen der geringen Provisionen schon jetzt wenig rentabel. Wenn die typischerweise kleinen und mittelständischen Betriebe diese neuen Verpflichtungen übernehmen müssten, wäre dies das Aus für den Fahrkartenverkauf im Reisebüro.

Weitere Schritte
Der EU-Ministerrat für Verkehr wird sich nun intensiver mit dem Thema befassen. Bisher lässt sich dieser mit seiner Positionierung Zeit. Trilogverhandlungen, die der Kompromissfindung zwischen Europäischem Parlament, Rat und Kommission dienen, können erst beginnen, sobald der Rat eine Position vorgelegt hat. Sie beginnen voraussichtlich nicht vor Ende nächsten Jahres. DRV und DTV werden sich in Gesprächen mit dem Bundesjustizministerium und mit den politischen Akteuren in Brüssel weiterhin dafür einsetzen, dass Reisebüros und Touristinformationen von den neuen Verpflichtungen ausgenommen werden.
Quelle: Deutscher Reiseverband
Bild: Pixabay