„Am Beispiel der Luftverkehrsbranche lässt sich exemplarisch zeigen, welche Herausforderungen der Brexit mit sich bringen wird. Herausforderungen bedeuten aber sowohl Chancen als auch Risiken“, sagt Lucia Puttrich. In einer Folge von Begegnungen mit Unternehmen und Personen ist die hessische Europaministerin am Dienstag in Frankfurt mit Dr. Stefan Schulte zusammengetroffen, dem Vorstandsvorsitzenden der Fraport AG. Im Gespräch ging es um Rahmenbedingungen und mögliche Auswirkungen des Brexits für den Frankfurter Flughafen.
Dr. Stefan Schulte zeigte sich optimistisch, dass das Verkehrsaufkommen am Frankfurter Flughafen von möglichen Verlagerungen an den Finanzplatz Frankfurt profitieren könne: „Frankfurt ist durch seine starke Finanzindustrie, die optimale Verkehrsanbindung und Infrastruktur sehr gut aufgestellt und muss sich im europäischen Wettbewerb nicht verstecken. Der Flughafen Frankfurt spielt hierbei eine wichtige Rolle. Wir sind das weltweit führende Drehkreuz in Bezug auf die Interkonnektivität, also die Anzahl an Verbindungen, und bieten dem Standort Frankfurt eine optimale Anbindung an die globalen Finanzzentren. Mit Blick auf unsere Infrastruktur, die geplanten Kapazitätserweiterungen und das Flugangebot sind wir gut vorbereitet, um mögliche zusätzliche Verkehre abzuwickeln.“
„Die Landesregierung hat sehr früh auf das Brexit-Referendum reagiert und arbeitet daran, dass Hessen die sich daraus ergebenden Chancen nutzen kann. Die Früchte ernten wir jetzt, wo die ersten Unternehmen ihre Standortentscheidungen für Frankfurt bekanntgeben“, sagte Puttrich. Um die Risiken des Brexits zu minimieren, benötigten Menschen und Unternehmen insbesondere Rechtssicherheit und Klarheit über die Ausgestaltung der künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union.
Wie die künftigen Beziehungen zwischen der EU27 und Großbritannien mit Blick auf den Luftverkehr geregelt werden, ist derzeit noch völlig offen und wird maßgeblich durch die Brexit-Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU bestimmt. Sollte es keine entsprechenden Vereinbarungen geben, wird Großbritannien nach einem Ausscheiden aus der EU nicht mehr am einheitlichen EU-Luftverkehrsmarkt teilnehmen. Die bestehenden Verkehrs- und Marktzugangsrechte würden entfallen. Betroffen hiervon wären in erster Linie Großbritannien sowie dort ansässige Fluggesellschaften. Der britische Luftverkehrssektor ist der größte Europas und der drittgrößte der Welt. Schätzungen von ACI EUROPE zufolge profitieren 285.000 Arbeitsplätze in der EU27 vom offenen Zugang zum Luftverkehrsmarkt zwischen Großbritannien und der EU27.
Dr. Stefan Schulte: „Der EU-Binnenmarkt ist eine der großen Errungenschaften der Europäischen Union. Die Schaffung eines einheitlichen EU-Luftverkehrsmarkts rund um die Jahrtausendwende war der Anstoß für eine sehr dynamische Entwicklung der Branche. Unternehmen und Verbraucher profitierten von einem erweiterten Angebot, einer höheren Erreichbarkeit und Mobilität sowie gesunkenen Preisen. Der Luftverkehr trägt durch Geschäftsreiseverkehr, Fracht und Ferienflüge erheblich zur Wertschöpfung in ganz Europa bei. Liberale Märkte sind und bleiben Grundvoraussetzung für den Wohlstand in Europa.“
Nach dem Ausscheiden aus der Europäischen Union seien Anschlussabkommen nötig, deren Verhandlungen sich über Jahre hinziehen könnten, befürchtet Europaministerin Puttrich. Wegen der besonderen Bedeutung der Luftfahrtbranche und insbesondere des Frankfurter Flughafens für Hessen und die Region Rhein-Main werde die Hessische Landesregierung während der Brexit-Verhandlungen insbesondere alle Aspekte, die diesen Komplex betreffen, sehr genau beobachten und bei Bedarf über ihre Kanäle in Brüssel und Berlin dazu Stellung nehmen.
Quelle: Flughafen Frankfurt