Wie viele Kissen braucht der Geschäftsreisende

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Neben Service, Sauberkeit und Arbeitsmöglichkeiten ist Hotelgästen vor allem eines wichtig: guter Schlaf. Insbesondere die großen Hotelketten haben dafür eigene Bettenkonzepte entwickelt.

Wie viele Kissen braucht der Geschäftsreisende eigentlich und wie dick muss die Matratze sein für einen erholsamen Schlaf im Hotel? Die Meinungen der Fachjournalisten, die Marriott im Oktober in das frisch renovierte Zürich Marriott eingeladen hatte, gingen weit auseinander: Von „mehr als eins braucht doch kein Mensch“ bis „natürlich alle“ waren alle Meinungen vertreten. Über das Innenleben von Matratzen lässt sich ebenso trefflich philosophieren: Latex, Kaltschaum, Federkern, Taschenfederkern – eine Wissenschaft für sie. Marriott jedenfalls setzt bei seinem neuen Bettenkonzept auf besonders dicke Matratzen mit zusätzlicher Auflage und Kissen in drei unterschiedlichen Formen und Stärken. Die Federbettfüllungen gibt es in klimaangepassten Sommer- und Winterversionen, und die weiße Bettwäsche ist mit einer Fadenzahl von 300 besonders hochwertig. Dem Zeitgeist entsprechend verschwanden die Tagesdecken. Dafür ziert nun ein breiter Schal aus dickem Stoff das neue Bett. Ausgerüstet werden damit alle neuen Häuser der Marken JW Marriott, Marriott und Renaissance und – in etwas moderaterer Art – auch das Mittelpreissegment mit Marken wie Courtyard sowie etliche bestehende Häuser weltweit; 17 sind es in Europa, das Zürich Marriott ist eines davon.

Alles dreht sich ums Bett
Tatsache ist: Das Bett ist wieder ein zentrales Thema bei der Neu- und Umgestaltung von Hotelzimmern. Auch bei der familiengeführten Hotelkette Lindner. Im Sommer erst wurde das Airport Hotel in Düsseldorf komplett renoviert und dabei auch mit neuen Betten ausstaffiert. Die Gäste schlafen jetzt auf dicken, bandscheibenfreundlichen Federkernmatratzen mit bauschig-weicher Auflage und Spannbetttuch. Oben auf eine Bettdecke und zwei Kissen – ein großes und ein kleines, „Fritzchen“ genannt. „Das ist ja komfortabler als zu Hause“, schwärmte Vorstand Otto Lindner jun. als er sich bei der Eröffnung im August zur Probe ins Bett legte. „Der Schlafkomfort ist neben dem persönlichen Service eines der wichtigsten Kriterien für Geschäftsreisende bei der Wahl ihres Hotels“, erklärte Hoteldirektor Jochen Fehn die Investition. Das Haus in Düsseldorf ist nach dem Hotel Am Belvedere in Wien und dem Hotel Am Ku´Damm in Berlin das dritte Lindner-Hotel mit neuem Bett. Nach und nach sollen weitere Häuser mit den neuen Betten ausgestattet werden, heißt es bei Lindner.

Pionier der Bettgeschichte
Marriott und Lindner sind längst nicht die einzigen Hotelketten, die frischen Wind in ihre Betten gebracht haben. In Gang gesetzt wurde die Bettenbewegung 1999 durch die Hotelkette Westin. Der damalige Präsident und Geschäftsführer des Mutterkonzerns Starwood, Barry S. Sternlicht, konzipierte ein neues Bettensystem und nannte es Heavenly Bed. Der Legende nach diente ihm sein eigenes Schlafgemach zu Hause in Connecticut dafür als Vorbild. Das ganz in Weiß gehaltene Westin-Bett besteht aus einer speziell entwickelten Pillow-Top-Matratze mit 900 einzelnen Federn, drei Laken in verschiedenen Stärken (200 bis 250 Fäden), einer Daunendecke in drei Versionen für verschiedene Wetterbedingungen, einer Steppdecke und einem weißen Deckbett, zwei Kissen mit Gänsedaunen und Gänsefedern und zwei mit Polyesterfüllung sowie einem Boudoir-Kissen. Internationale Bettenrevolution
Westins Vorstoß löste eine Art Revolution unter und über den Bettdecken der internationalen Hotellerie aus; die Wettbewerber zogen nach: Seit 2004 schlafen Geschäftsreisende nun auch in Radisson Hotels und Resorts in Nordamerika und der Karibik im Sleepnumber Bed. Luftkammern ermöglichen hier, dass der Gast den Härtegrad per Fernbedienung individuell regulieren kann. Im selben Jahr begann Hyatt damit, die Häuser der Marken Hyatt Regency und Grand Hyatt in Nordamerika und der Karibik mit dem Grand Bed auszustatten. Als erstes kam das Grand Hyatt New York an die Reihe. Auch hier entschied man sich für eine ergonomische Matratze, hochwertige Laken und eine Vielzahl von Kissen und verbannte die traditionellen Bettumrandungen und Tagesdecken. „Das Grand Bed ist das Schlüsselelement in einer Reihe von Verbesserungen für den anspruchsvollen Gast“, sagte Vice President Gary Dollens.

Was Hoteliers wollen
Insgesamt haben Hotelbetten und Schlafkomfort einen hohen Stellenwert bei den Hoteliers. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Schlafsystemanbieters Sleepfactory. 63 Prozent der 300 Befragten beantworteten die Frage mit „sehr hoch“, 34 Prozent mit „hoch“. Lediglich drei Prozent der Hoteliers erachten den Schlafkomfort ihrer Gäste als „weniger wichtig“. Die wichtigsten Kriterien, die ein Hotelbett erfüllen muss, sind nach Angaben der Hoteliers Hygiene und Komfort, gefolgt von Handling und Preis. „Der Gast von heute möchte nicht mit dem in Berührung kommen, was der Gast von gestern zurückgelassen hat“, erklärt Sleepfactory-Chef Pierre Marreau. Betten-Schutzsysteme, die Milben, Sporen und Keime vom Gast fernhalten, seien deshalb Schlüsselanforderungen an ein hygienisch einwandfreies Hotelbett. Knapp die Hälfte der befragten Hoteliers gab an, dass bei ihnen ein Bett länger als fünf Jahre halten muss. 38 Prozent der Betriebe tauschen alle vier bis fünf Jahre aus. „Entscheidend ist die Auslastung der Hotelbetten“, stellt Marreau fest. Er schätzt, dass durchschnittlich 130 bis 250 Personen pro Jahr in einem Hotelbett liegen. Die mechanische Belastung sei dabei das geringere Problem. „Kritisch hingegen ist die hygienische Belastung, wenn eine Matratze länger als fünf Jahre im Dauereinsatz ist.“

Was Gäste wollen
Doch nicht nur die Hoteliers haben hohe Anforderungen an ein Hotelbett. Wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) herausgefunden hat, stellen auch die Gäste immer höhere Ansprüche an die Schlafbedingungen. Seit der letzten Überarbeitung der Kriterien zur Sterne-Vergabe werden nun sowohl die Länge als auch die Qualität der Betten bewertet. „Wichtig ist, sich immer vor Augen zu führen, dass wir Hoteliers lediglich glauben zu wissen, was der Hotelgast wünscht“, so Fabian Engels. Der Manager Operational Development bei Lindner leitet das Projekt Hotellabor, das gerade auf dem Gelände des Fraunhofer Instituts in Duisburg entsteht und 2008 getestet wird. „Die Herausforderung besteht oft darin, simpel zu denken und Konventionen über Bord zu werfen.“ Transparenz in der Bettenfrage verspricht das Gütesiegel der Aktion Gesunder Rücken. Seit 2005 überprüft die AGR Hotels nach bestimmten Kriterien. Hotels, deren Betten und Zimmerausstattung rückenfreundlich sind, erhalten das AGR-Gütesiegel. Eine Übersicht der ersten, zertifizierten Hotels ist im Internet unter www.agr-ev.de zu finden. Allerdings ist die Liste ziemlich kurz; lediglich drei Hotels haben sich bisher zertifizieren lassen. Das Projekt befinde sich „noch in der Startphase“ heißt es.

Vom Astrid Schwamberger für das Magazin: „Der Mobilitätsmanager