Die Hotellerie in Deutschland kann auf das fünfte Wachstumsjahr in Folge zurückblicken. Die Zahl der Übernachtungen erreichte mit 263,2 Millionen in 2014 einen neuen Rekord. Auch Umsatz und Beschäftigung erreichten Spitzenwerte, vermeldete der Hotelverband Deutschland (IHA) auf seiner Jahrespressekonferenz am Dienstag in Berlin. Auch in das laufende Jahr sind die Hoteliers zuversichtlich gestartet und rechnen mit einem Plus bei Übernachtungen und Umsatz von rund zwei Prozent. Das vom OLG Düsseldorf bekräftigte Einschreiten des Bundeskartellamtes gegen wettbewerbswidrige Meistbegünstigungsklauseln marktdominierender Buchungsportale verleiht zusätzlichen Rückenwind. Auch die Deckelung der Kreditkartengebühren durch den Europäischen Gesetzgeber macht der Branche Mut. Eingetrübt werden die Aussichten durch die anhaltende Diskussion um kommunale Bettensteuern, immer neue Bürokratielasten und die unfaire Konkurrenzierung durch „Privatvermietungsportale“.
Nie war Deutschland als Reiseland beliebter als heute. Das Statistische Bundesamt verzeichnete bei den Übernachtungen in der klassischen Hotellerie im Jahr 2014 ein Plus von 3,3 Prozent (Vorjahr 254,8 Millionen). Die Zahl der Übernachtungen der ausländischen Gäste knackte erstmalig die 60-Millionen-Marke und stieg um überdurchschnittliche 5,1 Prozent auf 61,3 Millionen. „Die Deutschen waren 2014 erneut in bester Konsumlaune, Deutschland zieht immer mehr ausländische Gäste an und die inländische Hotellerie punktet mit ihrem hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnis“, sagte Fritz G. Dreesen, Vorsitzender des Hotelverbandes Deutschland (IHA), bei der Vorstellung des IHA-Branchenreports „Hotelmarkt Deutschland 2015“.
Der aktuelle Branchenreport, dem erstmals die Daten des Hotelbenchmarks von MKG Hospitality basierend auf den Angaben von rund 1.000 Hotels mit mehr als 160.000 Zimmern zugrunde liegen, sieht alle Kennziffern im Plus. So stieg die durchschnittliche Zimmerauslastung im Jahr 2014 von 68,5 Prozent auf 70,1 Prozent (+2,3 Prozent). Der Netto-Zimmerpreis (ohne Mehrwertsteuer und Frühstück) lag mit 87 Euro trotz leichter Erhöhung um 1,6 Prozent allerdings immer noch unter dem europäischen Durchschnitt von 89 Euro. Der Zimmerertrag (RevPAR) erhöhte sich auf 61 Euro. Dies entspricht einer Steigerung von 3,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die konjunkturelle Aufwärtsentwicklung schlug sich auch in den Umsatzzahlen für 2014 nieder: Hotels, Hotels garnis, Gasthöfe und Pensionen erzielten laut Hochrechnung des Hotelverbandes einen Nettoumsatz von 22,1 Milliarden Euro (nominal +3,0 Prozent, real 0,8 Prozent).
Im Trend liegen weiterhin Gesundheits- und Städtereisen. Insbesondere das Geschäftsreisesegment, das sich seit 2009 kontinuierlich erholt, wirkt sich positiv auf den Städtetourismus aus. Auch als Tagungsdestination hat Deutschland nach Angaben der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) die Nase vorn: In der Beliebtheit internationaler Veranstalter schaffte es Deutschland erneut auf Platz 1 der bevorzugten Tagungsstandorte – vor den USA und Spanien.
Trotz bestehender Überkapazitäten an einigen Standorten zeigt sich die Hotellerie einmal mehr investitionsfreudig: Für die nächsten drei Jahre sind bundesweit 494 Neu-, Um- und Ausbauten (Vorjahr: 436) geplant. Werden alle Investitionsprojekte realisiert, drängen in den nächsten drei Jahren 65.929 (Vorjahr: 56.880) Hotelzimmer zusätzlich auf den ohnehin schon gut besetzten deutschen Hotelmarkt.
Beschäftigungsmotor nicht abwürgen
Die gute Konjunktur spiegelt sich auch in den Beschäftigungszahlen wider, wenngleich nicht mehr überdurchschnittlich: Zum Stichtag 30. Juni 2014 stieg die Zahl der in der Hotellerie sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 1,8 Prozent auf 254.231. In der Gesamtwirtschaft konnte ein Beschäftigungsplus von 3,1 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt gemessen werden. Damit ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Gesamtwirtschaft erstmals seit dem Jahr 2010 wieder stärker als in Hotellerie und Gastronomie gewachsen.
„Unsere Branche hat sich in den letzten Jahren als wahrer Jobmotor erwiesen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, den Aufschwung in der heimischen Hotellerie nicht durch immer neue Auflagen und Belastungen abzuwürgen“, erklärte der IHA-Vorsitzende. So bedrohen insbesondere die Bürokratiepflichten im Zuge der Mindestlohneinführung die positive Beschäftigungsentwicklung. Laut einer aktuellen Studie des Heilbronner Instituts für angewandte Marktforschung führt die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zu einer Steigerung der Personalkosten um neun Prozent. 70 Prozent der befragten Hoteliers sehen in den damit einhergehenden Dokumentationspflichten eine große bzw. sehr große Herausforderung. „Der Mindestlohn ist Gesetz, seine Einhaltung wird kontrolliert, Verstöße geahndet. Das ändert aber nichts daran, dass Gesetzgeber und Bundesregierung weiter in der Verantwortung sind, die Auswirkungen zu überprüfen und überflüssige bürokratische Belastungen abzustellen“, machte Dreesen auf der Jahrespressekonferenz deutlich.
Der Hotelverband wird sich auch künftig gegen die Einführung von Bettensteuern in immer mehr Kommunen stemmen. Zurzeit gilt in rund 20 Städten und Gemeinden in Deutschland eine solche Abgabe, in ebenso vielen Städten sind Gerichtsverfahren anhängig. „Wir werden nicht nachlassen, gegen jede Art von Bettensteuern zu kämpfen“, stellte Dreesen klar. „Sie sind kontra-produktiv, ungerecht, unverhältnismäßig, bürokratisch und aus unserer Sicht schlichtweg verfassungswidrig.“
Für fairen Wettbewerb sorgen
Weiter mobil macht der Hotelverband gegen die wachsende Macht der großen Online-Buchungsportale und deren aus seiner Sicht grassierenden unfairen Wettbewerbspraktiken. Die Kritik richtet sich unter anderem ebenso gegen ausuferndes Brand Bidding wie rechtswidrige Meistbegünstigungsklauseln. Als Befreiungsschlag wertete der Hotelverband daher die im Januar 2015 getroffene Gerichtsentscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu den Paritätsforderungen des Buchungsportales HRS.
Das OLG Düsseldorf bestätigte die Rechtsauffassung des Bundeskartellamtes und des Hotelverbandes als Beigeladenen des Verfahrens. Danach stellen die von HRS und anderen Hotelbuchungsportalen vertraglich auferlegten Paritätsforderungen eklatante Wettbewerbsbehinderungen dar. „Wir sind zuversichtlich, dass die vom OLG Düsseldorf getroffenen Feststellungen auch für weitere anhängige Kartellverfahren in Deutschland und in ganz Europa richtungsweisend sein werden. Meistbegünstigungsklauseln gehören generell aus dem Geschäftsverkehr verbannt und können auch nicht mit fadenscheinigen ‚Verpflichtungszusagen‘ durch die Hintertür wieder zugelassen werden“, ordnete der IHA-Vorsitzende die internationale Bedeutung des Urteils ein. „Da dürfen die nationalen und europäischen Kartellbehörden auch nicht aus Bequemlichkeit zweifelhafte Deals unterhalb des Radars der Öffentlichkeit mit den großen Buchungsportalen eingehen!“
Trotz dieser wichtigen Erfolge empfinden es Hotels in Deutschland und ganz Europa zunehmend schwerer, dem Druck der Vermittler im Bereich der Online-Distribution standzuhalten. „Die Hoteliers haben große Sorge, die Hoheit über ihre Produkte, ihre Buchungen und ihre Preise zu verlieren“, so Dreesen. Auf lange Sicht litten darunter auch die Gäste. „Der Hotelverband wird sich weiterhin aktiv dafür einsetzen, ein transparenteres und ausgewogeneres Marktumfeld in der Online-Distribution herzustellen. Unsere Gäste sollen die Möglichkeit haben, auf Basis klarer und vertrauenswürdiger Informationen, die für sie beste Buchungsentscheidung treffen zu können“, führte Dreesen aus. „Dies gilt auch für ‚Privatvermietungsangebote‘ über Peer-2-Peer-Plattformen, für die gleiche Spielregeln wie für Hotels gelten müssen.
Pauschalreiserichtlinie nachbessern
Dringenden Handlungsbedarf sieht der Hotelverband auch bei der anstehenden Novellierung der EU-Pauschalreiserichtlinie. Dabei geht es für die Hotellerie in erster Linie um die Erweiterung des Pauschalreisebegriffs und die Einführung der neuen Kategorie „Bausteinreise“. Der Hotelverband sieht massive Probleme auf die Branche zukommen: „Viele normale Hotelangebote würden zukünftig unter das Pauschalreiserecht fallen. Damit würde unter anderem der Direktvertrieb der mittelständisch geprägten Hotellerie im Wettbewerb mit Buchungsportalen ebenso erheblich wie widersinnig benachteiligt“, warnte Dreesen. Er hofft, dass die Besonderheiten von Angeboten in der Hotellerie in den derzeit laufenden Trilog-Verhandlungen von Rat, Kommission und Parlament doch noch angemessen berücksichtigt werden. „Unser gemeinsames Ziel muss eine ebenso praktikable wie rechtssichere Richtlinie ohne Kollateralschäden für die Hotellerie sein“, so Dreesen. „Andernfalls wären Hotels und Verbraucher gleichermaßen negativ betroffen.“
Verbandserfolg: Kappung der Kreditkartengebühren
Am 11. März hat das Europäische Parlament dem Ende letzten Jahres mit Rat und Kommission geschlossenen Kompromiss zur Regulierung von Kartenzahlungen zugestimmt und Vorschriften zur Deckelung von Kreditkartengebühren beschlossen. Die in diesen Gebühren enthaltenen Interbankenentgelte werden voraussichtlich ab Dezember 2015 für grenzübergreifende sowie für inländische Zahlungen auf 0,3 Prozent des Umsatzes begrenzt. „Die Kreditkartengebühren von MasterCard und VISA werden damit nun endlich spürbar sinken“, freut sich Fritz G. Dreesen. „Unser vor mehr als 16 Jahren mit einer Beschwerde bei der EU-Kommission gestartete verbandliche Kampf gegen überteuerte und einseitig diktierte Kreditkartenkonditionen war letztlich erfolgreich!“ Bei den nun laufenden Trilog-Verhandlungen zur europäischen Zahlungsdienstrichtlinie II drängt der Hotelverband darauf, dass Händlern und Hoteliers bei den bisher nicht der Regulierung unterworfenen Kreditkarten, wie z.B. Amex, Diners sowie den meisten Corporate Cards, zumindest eine Weitergabe der Kreditkartengebühren möglich bleibt.