Studie von Roland Berger zur Langstreckenmobilität

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Die Pandemie und ihre Folgen für das Reiseverhalten haben Unternehmen im Bereich Mobilität schwer getroffen. In den kommenden Jahren ist allerdings mit einer Erholung zu rechnen, die in China und den USA 2022 einsetzt. Für Europa wird erwartet, dass sich die Nachfrage nach Langstreckenreisen bis 2025/2026 stabilisiert; bei Geschäftsreisen hingegen nicht vor 2030. Zu diesen Ergebnissen kommt die Roland Berger-Studie: „All Change: How Covid-19 has disrupted the future of long-distance mobility“, die die Auswirkungen von COVID-19 auf Langstreckenreisen per Flugzeug, auf der Schiene und Straße analysiert. Im Rahmen der Studie führten die Experten eine groß angelegte Umfrage mit 7.000 Verbrauchern sowie Interviews mit Branchenvertretern durch.

„Die Nachfrage nach Langstreckenreisen verläuft zwar in manchen Regionen und Sektoren etwas langsamer, insgesamt aber wird sie schon in den kommenden Jahren wieder das Vorkrisenniveau erreichen“, erklärt Jan-Philipp Hasenberg, Partner bei Roland Berger. „Die Nachfrage wird jedoch anders aussehen. Zugfahren genießt mehr Beliebtheit bei den Verbrauchern, die auch bei Flugreisen mehr auf die Umwelt achten und Geschäftsreisende werden weniger häufig, aber dafür länger unterwegs sein.“

Die für die Studie durchgeführte Umfrage zum Mobilitätsverhalten von 7.000 Verbrauchern in China, Europa und den USA macht deutlich, dass nach Aufhebung sämtlicher COVID-bedingter Restriktionen in der Zukunft mit zwei signifikanten Veränderungen zu rechnen ist: Zum einen gehen die Befragten davon aus, dass sie künftig insgesamt – privat wie geschäftlich – rund 20% weniger Reisen unternehmen werden. Zum anderen wird die Nachfrage insbesondere nach Geschäftsreisen mit minus 24% in Europa und den USA sowie minus 21% in China deutlich unter den Vor-Corona-Werten liegen.

Bei Geschäftsreisenden führte der Umstieg auf virtuelle Meetings zu einer sinkenden Reisebereitschaft. Besonders ausgeprägt war dies in Europa (44%) und den USA (40%). In China bleiben Vorschriften und Gesetze (45%) der wichtigste Einflussfaktor für Geschäftsreisen, dicht gefolgt von Kostenüberlegungen (43%).

Auf Basis von Experteninterviews mit 200 Branchenvertretern identifizieren die Roland Berger-Experten Trends, die das Reise- und Mobilitätsverhalten verändern. So waren die Unternehmen infolge der Pandemie gezwungen, ihre Reiserichtlinien zu überarbeiten und auf virtuelle Kommunikationstechnologien umzusteigen. Der Trend zu mehr Bewusstsein und Effizienz beim Reisen wird sich fortsetzen und besonders im Business-Bereich zu spüren sein.

Das zunehmende Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher hat bereits dazu geführt, dass die Industrie und Regierungen gleichermaßen die Senkung der CO2-Emissionen vorantreiben. Die Megatrends grüne Mobilität und Nachhaltigkeit werden sich sowohl auf die private als auch die geschäftliche Reisetätigkeit auswirken. Der dritte große Trend, die Entwicklung neuer Mobilitätsformen, hat auf kurze Sicht noch keine Folgen für die Reisebranche. Technologische Innovationen wie autonome Fahrzeuge oder Flugtaxen werden kaum vor 2030 in größerem Umfang auf den Markt kommen.

Gestützt auf die Markttrends und die Ergebnisse beider Umfragen entwickelten die Roland Berger-Experten eine Marktprognose, die von einer „neuen Normalität“ mit Aufhebung aller pandemiebedingten Restriktionen im Jahr 2024 ausgeht. Angetrieben durch ein starkes Marktwachstum wird sich China voraussichtlich bis Anfang oder Mitte 2022 am schnellsten erholen. Die USA folgen im Laufe des Jahres 2022. In Europa stabilisiert sich die Nachfrage nach Langstreckenreisen vermutlich erst wieder 2025/26.

Um die Herausforderungen zu bewältigen, sollten Unternehmen sich offen für Segmente wie „Bleisure“ (eine Mischung aus „Business“ und „Leisure“) zeigen. Sie entstehen infolge der verschwimmenden Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben. Angesichts veränderter Kundenerwartungen an Servicequalität, Spätbuchungsoptionen und Transparenz über Nachhaltigkeit müssen die Anbieter ihr Produktportfolio und Kundenmanagement anpassen. „Die Branchenakteure müssen neue Kundensegmente in den Blick nehmen, ihre Geschäftsmodelle überdenken und Nachhaltigkeit zum festen Bestandteil ihrer Unternehmensstrategie machen“, so Hasenberg. „Verschiedene Kundensegmente werden sich unterschiedlich schnell erholen. Die Entwicklung segmentspezifischer Produkte kann sich daher lohnen – sowohl finanziell als auch mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit.“

Die vollständige Studie kann man sich hier herunterladen.
Quelle: Roland Berger / Bild: Pixabay