Der Klimawandel bringt auch für Reisende neue Risiken. Warum Touristen zukünftig verstärkt mit tropischen Viruserkrankungen, Hitzestress, Skiunfällen, Quallenplagen und Seenot rechnen müssen, erklären Experten des CRM Centrum für Reisemedizin auf der heutigen Pressekonferenz anlässlich des 17. Forums Reisen und Gesundheit auf der Internationalen Tourismus-Börse Berlin (ITB).
Ursprünglich tropische Viruserkrankungen breiten sich zunehmend in Europa und Amerika aus, wie Experten beobachten. „Eine Ursache ist, dass die Überträgermücken in diesen Gebieten inzwischen derart gute klimatische Bedingungen vorfinden, dass sich die krankheitsübertragenden Parasiten in ihnen vermehren und festsetzen können“, erklärt Professor Dr. med. Dr. phil. Martin Haditsch. So kam es 1999 zu einem Ausbruch des West-Nil-Fiebers in den USA, im Jahr 2007 zu Chikungunya-Virus-Infektionen in Norditalien, 2010 sorgte das Dengue-Virus in Südfrankreich und Kroatien für Krankheitsfälle bei Einheimischen und Touristen. Auch die Malaria konnte 2013 nach Europa vordringen. „In Griechenland registrierten wir vier Herde“, berichtet Haditsch.
In jüngster Zeit breitete sich das Chikungunya-Virus in Süd-, Mittel- und Nordamerika aus – allein in der Urlaubsregion Dominikanische Republik erkrankten in fünfzehn Monaten 540.000 Personen an dem Fieber. Zuletzt traten Zika-Virus-Infektionen außerhalb des Großraums Afrika auf, zunächst in Französisch-Polynesien, dann in Brasilien. Gleichzeitig beobachten Wissenschaftler das Phänomen der „Highland-Malaria“ in Afrika. „Durch die klimatische Erwärmung dehnen sich die Übertragungsgebiete der Malaria zunehmend in größere Höhen aus“, erklärt Haditsch. Um sich vor möglichst vielen dieser Infektionen zu schützen, sollten Reisende nachts unter Mückennetzen schlafen und ihre Haut tagsüber mit Mitteln eincremen, die den Wirkstoff DEET enthalten, sowie Permethrin-imprägnierte Kleidung tragen.
Die zunehmende Erderwärmung wird sich nach Einschätzung des UN-Klimarats zwar am stärksten in tropischen Regionen wie Afrika zeigen. „Doch auch Großstädte in Europa und Amerika leiden häufiger unter extremen Hitzewellen“, stellt Haditsch fest. Besonders gefährdet bei Spitzentemperaturen sind kleine Kinder, Schwangere, Nierenkranke und Senioren – letzteren drohen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die zu den häufigsten Todesursachen auf Reisen gehören. „Risikogruppen sollten deshalb besser nicht in die größte Hitze fahren“, rät Haditsch. „Senioren sind ja häufig zeitlich flexibel, sie können auch im Frühjahr oder Herbst in Mittelmeerländer reisen.“ Im Übrigen gilt: am besten mit Personen ähnlicher körperlicher Konstitution verreisen, keine überlangen Wegstrecken zurücklegen, zwischendurch in kühlere Bereiche zurückziehen.
Die Erderwärmung beeinflusst auch das ökologische Gleichgewicht der Meere. „Nutznießer sind beispielsweise Quallen“, so Haditsch. Immer wieder beklagen Mittelmeerländer neuerdings regelrechte Invasionen der Nesseltiere. Bisher verursachen die Quallen dort keine lebensbedrohlichen Verletzungen, schlimmstenfalls Rötungen, Verbrennungen und Narben. „Allerdings wurde inzwischen auch die gefährliche Portugiesische Galeere, eine Qualle aus der Karibik, vor den Kanaren, Portugal und der spanischen Festlandküste gesichtet“, berichtet Haditsch. Ihr Stich führt von Lähmungserscheinungen bis zum Atemversagen und Herzstillstand. Gleiches gilt für die Würfelqualle, die auch bereits vielerorts vorkommt – in Thailand starb kürzlich eine Touristin, die nachts im Meer badete und mit dem Tier in Berührung kam.
Höhere Temperaturen bedeuten auch mehr Wasserdampf, mit der Folge von heftigeren Niederschlägen, Murenabgängen und Überschwemmungen. „Das erhöht die Seuchengefahr“, so Haditsch. Zugleich beobachten Experten weltweit eine deutliche Zunahme von Hurrikanen und Wirbelstürmen. Da auch Kreuzfahrten immer beliebter werden, steigt automatisch das Risiko von Schiffsunfällen. „In den zurückliegenden fünf Jahren sind mehrfach Kreuzfahrtschiffe wegen problematischer Wetterverhältnisse in Seenot geraten“, so Haditsch. „Diese Vorfälle nehmen zu.“
Schließlich macht sich die Erwärmung auch in Schneegebieten bemerkbar. „In den österreichischen Alpen hatte es zu Neujahr im meteorologisch tiefsten Winter bei Sonne plus 27 Grad Celsius“, berichtet Haditsch. Die Konsequenz: Dort, wo es möglich war, künstlich zu beschneien, ereigneten sich aufgrund der unterschiedlichen Schneekonsistenz überdurchschnittlich schwere Ski-Unfälle. „Wintersportler sollten sich gut auf die geänderten Pistenverhältnisse einstellen“, meint der Experte. Auch das Abschmelzen von Gletschern bringt neue Risiken. „Erdrutsche werden unberechenbar“, so Haditsch.
Quelle: www.crm.de