Die European Travel Commission (ETC), die Organisation, die für Europa als Reiseziel wirbt, sprach sich für Reformen der Art und Weise aus, wie Visas an Touristen und Geschäftsreisende vergeben werden. So sollen der europäischen Wirtschaft bis 2020 Exporteinnahmen in Höhe von 114 Milliarden EUR zukommen sowie 615.000 neue Arbeitsstellen geschaffen werden.
Peter De Wilde, Präsident der ETC, sagte dazu: „Europa verliert Anteile am globalen Reisemarkt und unsere Visabestimmungen tragen dazu bei. Eine Liberalisierung ist unumgänglich, um das Wachstum der Touristikindustrie weltweit optimal zu nutzen. Wir können unsere Wettbewerbsfähigkeit in diesem Bereich steigern. Das ist gerade darum so wichtig, weil Europa neue Arbeitsstellen schaffen muss, insbesondere für unsere Jugendlichen.“
Besucher aus weit entfernten Quellmärkten sind besonders wertvoll, da sie länger bleiben und pro Tag mehr ausgeben. Europas Visabestimmungen gehören jedoch zu den strengsten weltweit. 56 % aller Besucher aus nicht europäischen Ländern mussten 2014 ein Visum beantragen.
Mark Henry, Vice-President und Koordinator der Visaarbeit der ETC, erläuterte, dass Visareformen möglich sind, ohne dass dabei die Sicherheit oder Einwanderungskontrolle beeinträchtigt werden. Er erklärte drei mögliche Szenarien genauer: erstens die Einführung von „Best Practice“-Optimierungen, um den bürokratischen Aufwand für Touristen zu reduzieren, darunter die Einführung vereinfachter Antragsverfahren, eine Senkung der Kosten und eine längere Aufenthaltsdauer; zweitens die Einführung neuer Visakategorien, insbesondere elektronischer Visa sowie bei der Ankunft ausgestellter Visa; drittens die Erhöhung der Zahl von Ländern, die keine Visa verlangen.
Laut Tourism Economics würde die Annahme von „Best Practice“-Richtlinien für die zehn grössten visapflichtigen Schwerpunktmärkte Europas zu zusätzlichen 3,4 Millionen Besuchern pro Jahr führen. So könnten bis 2020 entsprechende Umsätze in Höhe von 18,3 Milliarden EUR sowie 95.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Neue Visakategorien (e-Visum oder Visum bei Ankunft) würden für 8,5 Millionen zusätzliche Besucher pro Jahr, entsprechende Einnahmen in Höhe von 45 Milliarden EUR sowie über 200.000 zusätzliche Arbeitsplätze sorgen. Die grössten Vorteile würde eine komplette Visabefreiung dieser Länder erzielen. Dies könnte bis zu 21,8 Millionen zusätzliche Besucher pro Jahr nach Europa bringen. Bis 2020 würde dies zusätzliche Exporteinnahmen in Höhe von 114 Milliarden EUR ermöglichen und 615.000 neue Arbeitsplätze schaffen.
Laut dem World Travel & Tourism Council (WTTC) sollten die Regierungen Visaerleichterungen proaktiv angehen. Helen Marano, Vice-President Government and Industry Affairs beim WTTC, sagte: „Die Visaerleichterungen sind unerlässlich für das wirtschaftliche Wachstum sowie die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Tourismusbranche in Europa und weltweit.“ Der WTTC hat die möglichen Auswirkungen von Visareformen auf die G20-Länder untersucht und schätzt, dass so insgesamt 5,1 Millionen Arbeitsplätze geschaffen werden können, davon 3,1 Millionen neue Arbeitsplätze mit direktem Bezug zum Tourismus. Die G20 könnten so innerhalb von drei Jahren einen Anstieg der Touristenzahlen um 16 % sowie der Einnahmen aus dem internationalen Reiseverkehr um 21 % erzielen. Dies entspricht 112 Millionen zusätzlichen internationalen Besuchern und Einnahmen von 206 Milliarden US$.
Mark Henry schloss ab: „Mehr Offenheit ist der einzig richtige Weg. Die Einführung des Schengen-Raums 1995 förderte den innereuropäischen Tourismus ungemein. Das muss noch weiter ausgebaut und reformiert werden, damit legitime Touristen aus Übersee nach Europa kommen bzw. zurückkommen können.“