Die Bilanz des Reisejahres zeigt, dass die Urlaubsklassiker der Deutschen am Mittelmeer gefragt waren wie nie. Spanien, Portugal, Italien und Griechenland verzeichneten deutliche Zuwächse bei der Anzahl der Urlauber. Und Kreuzfahrten sowie teilweise auch Fernreisen setzen ihren Wachstumstrend aus den Vorjahren ebenfalls fort. Im Gegenzug zeigten die Krisen in der Türkei, in Ägypten und Tunesien Auswirkungen auf das Reiseverhalten und führten zu deutlichen Buchungsrückgängen.
In der Umsatzbilanz für den Reiseveranstalter- und Reisevermittlermarkt im nun zu Ende gehenden Touristikjahr 2015/2016 (Stichtag 31. Oktober) spiegelt sich diese Verlagerung der Urlauberströme wider: Erstmals nach Jahren mit stetigem Wachstum sind die Umsätze – den ersten Hochrechnungen des Deutschen ReiseVerbandes (DRV) zufolge – im Veranstaltermarkt voraussichtlich um rund eine Milliarde Euro zurückgegangen. Damit sank der Umsatz um drei bis vier Prozent auf aller Voraussicht nach ca. 26,3 Milliarden Euro.
Für den stationären Reisebüromarkt ergibt sich nach Hochrechnungen ein Rückgang von zwei bis drei Prozent auf ca. 22,9 Milliarden Euro. Dieser Markt umfasst das Touristikgeschäft sowie das Geschäftsreise-Segment. Der in dieser Gesamtzahl enthaltene Umsatz mit Business Travel von rund 7,4 Milliarden Euro ist stabil auf hohem Vorjahresniveau geblieben. Dabei entwickeln sich die geschäftlichen Reiseausgaben deutscher Unternehmen in einzelnen Wirtschaftssegmenten allerdings unterschiedlich. So stehen in einigen Branchen Reiseausgaben stark auf dem Prüfstand, in den boomenden Exportsegmenten wird hingegen zum Beispiel mehr gereist. In Summe bleiben die Umsätze der Reisebüros damit auf Vorjahresniveau.
Reisebüros: Anzahl der Agenturen weiterhin stabil
Bei der Anzahl der stationären Reisebüros zeigt sich 2016 eine weitere Stabilisierung auf nunmehr insgesamt 9.909 Agenturen. „Das lässt klar erkennen, dass neben den Kunden auch Reiseveranstalter den Wert der Reisebüros kennen und schätzen – auch hinsichtlich der Zufriedenheit der Kunden. Professionelle, auf die individuell sehr unterschiedlichen Bedürfnisse der Kunden eingehende, persönliche Beratung des Kunden zahlt sich also für alle Seiten aus“, so DRV-Präsident Norbert Fiebig.
Die Trends des Touristikjahres: So hat Deutschland Urlaub gemacht
Anhand der Reisebuchungen im stationären Reisevertrieb, die vom Marktforschungsunternehmen GfK regelmäßig gemessen und analysiert werden, zeigt sich eine Verschiebung der Reiseströme deutscher Urlauber von Ost nach West.
Die Mittelstreckenziele
Deutlich zugenommen haben Urlaubsreisen auf die Kanaren, Balearen und das spanische Festland. Mit zweistelligem Umsatzwachstum im Reisebüro waren zudem Griechenland, Portugal und Bulgarien für den Sommerurlaub stark gefragt. Demgegenüber haben die Reiseländer Türkei, Ägypten und Tunesien markant zwischen 40 und 60 Prozent Umsatz verloren. Standen die Urlaubsländer im östlichen Mittelmeer im Jahr zuvor noch für mehr als ein Viertel der Gesamtumsätze, beträgt ihr Anteil nun 20 Prozent im aktuellen Reisejahr. Aufgrund der sich Anfang des Jahres abzeichnenden Verlagerungstendenzen haben die Reiseveranstalter Kapazitäten für viele Länder nachgeordert, um die zusätzliche Nachfrage für die alternativen Ferienregionen – etwa Spanien und Portugal – bedienen zu können.
Die Fernreisen
Die Fernreisen erweisen sich mit einem Umsatzplus von drei Prozent als wachsendes Urlaubssegment, obwohl die großen Fernreisemärkte USA und Thailand etwas schwächer als im Vorjahr gebucht wurden. Auch die Nachfrage in Richtung Malediven ging etwas zurück. Umsatzanteilig stehen die Fernreisen im Touristikjahr 2015/16 für 22 Prozent der Reisebüroumsätze – im Vorjahresvergleich ein Zuwachs um fast zwei Prozentpunkte. Stark nachfragt und wachsend sind vor allem karibische Ziele (plus 16 Prozent) – getrieben von der Dominikanischen Republik und Kuba. Fernreisen nach Afrika (plus 14 Prozent), vor allem zu den beliebten Urlaubsländern Südafrika, Kenia und Namibia, erholen sich nach den Einbrüchen während des Ebola-Ausbruchs sichtlich. Ein geringes einstelliges Umsatzwachstum zeigte sich auch für die Vereinigten Arabischen Emirate.
Die Kreuzfahrten
Zu den Gewinnern 2016 zählt erneut eindeutig das Kreuzfahrtensegment. Der weiterhin steigende Zuspruch und zusätzliche Kapazitäten bescheren diesem Segment einen deutlichen Umsatzsprung im oberen einstelligen Prozentbereich.
Die Nahziele
Auch die sogenannten erdgebundenen Ziele innerhalb und im direkten Umfeld von Deutschland – also Anreise mit Auto, Bahn oder Bus – profitierten von der Nachfrageschwäche im östlichen Mittelmeer.
Die Auswirkungen auf die Top Ten
Die starken Zuwächse für die Mittelmeerklassiker, für Fernreisen und Kreuzfahrten konnten in der Summe den Rückgang für die, gerade bei den Familien so beliebte, Türkei sowie für Tunesien und für Ägypten nicht komplett ausgleichen – bei Anbietern von erdgebundenen Reisen sowie von Ferienwohnungen und zahlreicher Spezialisten und Busreiseveranstalter. Zu groß ist die Bedeutung der Türkei als Urlaubsreiseland in den vergangenen Jahren geworden. Trotz deutlicher Rückgänge behauptet sich das Land nach Auswertungen der GfK auch 2016 noch unter den Top 3 Destinationen im stationären Vertrieb – knapp hinter den Kanaren und Balearen. Auf dem vierten Platz folgt Griechenland. Portugal hat es mit dem diesjährigen Zuwachs in die Liste der Top Ten geschafft.
Ausblick: Die Buchungssaison für den Winter ist angelaufen
Am 1. November 2016 startet mit der Wintersaison das neue Touristikjahr 2016/17. Insgesamt liegen die Buchungen für die nächsten Monate noch unter dem Vorjahr. Was sich für die anstehende Saison bereits markant abzeichnet, ist ein starkes Wachstum für spanische Ziele, insbesondere die Kanaren. Auch Winterurlaube auf den Balearen sind aktuell deutlich stärker nachfragt als zum vergleichbaren Zeitpunkt im Vorjahr. Das gilt auch für die Osterferien. Da viele Veranstalter das Angebot in Richtung Ägypten wieder ausgebaut haben, könnte auch dieses vorrangig als Winterreiseziel gebuchte Land wieder stärker nachgefragt werden.
Für den Sommer 2017 beginnt die Buchungsphase erst in einigen Wochen, derzeit stellen die Reiseveranstalter ihre Programme für das nächste Jahr vor. Zwar sind bereits vereinzelt Reisen für den Sommer 2017 buchbar, aber die Datenbasis ist derzeit noch gering, so dass hierzu noch keine aussagekräftigen Trends festzustellen sind.