„Existenz von 6000 bis 7000 Reisebüros steht auf dem Spiel“
6000 bis 7000 Reisebüros in Deutschland sind im kommenden Touristik-Geschäftsjahr 2008/2009 in ihrer Existenz bedroht. Dies stellt der asr Allianz selbständiger Reiseunternehmen Bundesverband e.V. angesichts der jetzt vorliegenden Provisionsregelungen der großen deutschen Reiseveranstalter fest und fordert Nachbesserung.
„Zwei der drei großen Veranstalter – TUI und alltours – haben im unteren Umsatzbereich bei Agenturen, die insgesamt bis zu einer Million Euro Umsatz erzielen, die Provisionen um 0,7 bis 1,3 Prozent gesenkt. Bei den Umsatzanteilen, die auf diese Branchenriesen entfallen, kann das für die Reisebüros einen Verlust von 10.000 Euro und mehr bedeuten,“ erklärt asr-Präsident Stephan Busch. „Dieser Betrag kann kaum kompensiert werden. Die Folge: Einsparungen beim Personal oder das wirtschaftliche Aus!“
Die bevorstehende Rezession verursacht durch die Finanzmarktkrise, werde die Auswirkungen der falschen Vertriebspolitik, die auf einen Wachstumsmarkt basiert, erheblich beschleunigen, da Verbraucher primär im Bereich der Urlaubsreisen sparen würden, so dass ohnehin schon mit Umsatzrückgängen zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund sei die Vertriebspolitik von alltours und TUI verheerend. Beide hätten die Umsatzgrenze für einen wirtschaftlich lohnenden Vertrieb derart an-gehoben, dass es kaum möglich sei, rentabel zu arbeiten. Erst ab einer Provision von 10 Prozent könnten Reisebüros auskömmlich wirtschaften – diese Grenze werde bei alltours erst ab 100.000 Euro, bei TUI sogar erst ab 225.000 Umsatz erreicht. Kaum habe das Reisebüro Umsätze gesteigert um entsprechend entlohnt zu werden, würden die Messlatten wieder höher gelegt, erhoffte Ertragszuwächse damit schlicht pulverisiert.
„Große Veranstalter als Trittbrettfahrer auf Kosten anderer“
„Während in anderen Branchen wenigstens ein Teil der Inflation mit Erhöhungen des Gehalts aufgefangen werden, dürfen sich Reisebüros alljährlich damit abfinden, dass bei gleichbleibendem Umsatz die Erträge sinken. Dabei werden konjunkturelle Schwankungen regelmäßig nicht von den Reiseveranstaltern kompensiert. Die Zeche tragen die Agenturen in vollem Umfang.“ Kleine Agenturen, die den gleichen Aufwand pro alltours-Buchung hätten wie die großen, aber die Umsatzgrenze nicht erreichen, spielten im Vertrieb der großen Veranstalter offensichtlich keine Rolle. Sie könnten ja, so der eher zynische Ansatz der Großen, eine sinnvolle Mischkalkulation mit anderen Veranstaltern suchen. Busch: „Das ist Trittbrettfahrerei auf Kosten Anderer.“
„Ein normales Reisebüro mit einem gesunden Umsatzmix bei den fünf führenden Reiseveranstaltern und einer Umsatzgröße von 500.000 bis einer Million Euro wird bei TUI und alltours keine Wirtschaft- lichkeit mehr erzielen können. Ein bis zwei Zehntel Prozentpunkte als Super-Provisionen über Kooperationen, Franchise-Systemen und Ketten werden dies auch nicht kompensieren können. Erst Agenturen mit mehr als 1,5 Millionen Euro Umsatz können entspannt in die nahe Zukunft sehen, und damit maximal ein Anteil von 20 bis 25 Prozent aller Agenturen.“ Für die großen Reisebüros würde es in ferner Zukunft aber ebenfalls eng: „25 Prozent der großen IATA-Agenturen sind in den letzten Jahren seit Einführung der Nullprovision im Flugscheinverkauf verschwunden. Es hat bisher nicht die Kleinen erwischt!“
Wesentlich fairer verhielten sich laut Busch andere Veranstalter: „Zu diesem Verhalten stellen Schauinsland mit einer Grundprovision von 10 Prozent ab der ersten Buchung und FTI mit einer retroaktiven Provisionsstruktur und schneller Erreichbarkeit der 10 Prozent einen radikalen Kontrast dar. Damit stellen sie unter Beweis, dass der deutsche Mittelstand Partnerschaft richtig zu interpretieren weiß und dass gemeinsamer Erfolg auch honoriert werden kann.“
Der asr fordert von den großen Veranstaltern TUI, TC und REWE Touristik Nachbesserung: „Wenn die Reiseveranstalter nicht Gefahr laufen wollen, sich der Basis Ihres bestehenden Vertriebsnetzes zu berauben, müssen sie ihren Kurs dringend korrigieren.“
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