Planung der Gastwirte durch wechselnde Rechtslage erschwert

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München. Seit rund zwei Wochen hat Birgit
Netzle-Piechotka im Garten ihrer Gaststätte in Thalkirchen ein kleines Häuschen eigens für Raucher. «Ich will die Raucher nicht wie räudige Hunde vor die Tür schicken», erläutert die Gastronomin. Fast zeitgleich hat der bayerische Landtag das Rauchverbot gelockert und
das Qualmen nun auch wieder in Nebenräumen und kleinen Kneipen erlaubt. Am 1. August tritt das gelockerte Gesetz in Kraft. «Ich könnte, wenn ich wollte, jetzt auch einen Raucherraum einrichten», berichtet Netzle-Piechotka. Das ständige Hin und Her beim Nichtraucherschutz hat den Wirten das Planen deutlich erschwert.

Künftig ist das Rauchen in Bierzelten, in kleinen, sogenannten «getränkegeprägten» Gaststätten mit weniger als 75 Quadratmetern
Fläche und in Nebenräumen von Gaststätten wieder erlaubt. Kinder und Jugendliche haben zu Gaststätten und Nebenräumen, in denen geraucht wird, keinen Zutritt. Außerdem erhält das Gesundheitsministerium mit der sogenannten Innovationsklausel die Möglichkeit, Ausnahmegenehmigungen zu erteilen, wenn durch Lüftungen oder Filteranlagen ein gleichwertiger Schutz vor dem Passivrauchen gewährt wird. An allen öffentlichen Orten gilt weiterhin ein striktes Rauchverbot.

Der Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes, Frank-Ulrich John, ist das Gezerre um das Rauchverbot leid. Viele Gastronomen hätten in Lüftungsanlagen investiert, die ihnen am Ende dann doch nichts brachten. Andere hätten sich dazu entschieden, einen Raucherclub einzurichten. «Diese Wirte haben viel Geld in Zugangssysteme investiert und sich zusätzlich die nichtrauchenden Kunden verprellt», betont er.

«Wir brauchen endlich Rechtssicherheit, sonst ruiniert das die Betriebe», fordert John. Beim Thema Rauchen geht seiner Ansicht nach ein Riss durch die gesamte Gesellschaft. Aber dieses Problem auf dem Rücken der Gastwirte auszutragen, die gleichsam die Versuchskaninchen
für ständig geänderte Rechtsvorschriften sind, sei keine Lösung, betont er. Der Wunsch des Verbandes ist es daher, den Markt entscheiden und jeden Wirt seine Gaststätte nach eigenen
Vorstellungen gestalten zu lassen.

Umstritten ist weiterhin die Regelung für die Stammtische. Netzle-Piechotka beherbergt diesen neben dem Tresen in ihrer Gaststätte, der gleichzeitig im Hauptraum steht. Dort dürfe ja nach wie vor nicht geraucht werden, beschwert sie sich. Die Stammtischgäste in einen Nebenraum zu verbannen sei auch keine Lösung, da man dort ja nicht mehr so nah am Wirtshausgeschehen sei.
Auch der Verein zur Erhaltung der bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) bemängelt, dass das gelockerte Rauchverbot den Stammtischen keinen
Frieden bringe. Der VEBWK-Landesvorsitzende Franz Bergmüller fordert deshalb, die Schankregelung zu kippen.

Die Investition in die Raucherarkade hätte Netzle-Piechotka alleine nicht schultern können, glücklicherweise finanzierte diese eine Brauerei. Dennoch betont sie, dass sie am liebsten wieder am Tresen, am Stammtisch und an einigen Stehtischen im Hauptraum Aschenbecher aufgestellt hätte. «Nachdem wir aber diese Ideallösung nicht haben können, gibt’s jetzt eben die Raucherarkade.»

Nach Vorstellung der Ökologisch-demokratischen Partei (ÖDP) könnte das neue Gesetz jedoch auch bald der Vergangenheit angehören. Rund 40 000 Unterschriften hat die Partei für ein Volksbegehren gesammelt, das sich für einen «echten Nichtraucherschutz» einsetzt. Das Innenministerium prüft derzeit, ob das Volksbegehren zugelassen wird.
Dann müssten Bayerns Gastwirte eventuell erneut umdisponieren.