Pfändung der Boeing des Kronprinzen von Thailand ist der Supergau in den Beziehungen zu Deutschland

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Die durch einen Gerichtsvollzieher auf dem Flughafen München vollzogene Pfändung der privaten Boeing des thailändischen Kronprinzen hat zu einer Belastung der deutsch-thailändischen Beziehungen im 150. Jahr ihres Bestehens beigetragen, die niemand übersehen kann. Die Hintergrund dieser rechtlich eher fraglichen Maßnahme sind nicht öffentlich, so dass sich ein seriöser Kommentar verbietet. Da sich Thailands Regierung hier bedeckt hält und aus den bekannten Gründen des Tabus, öffentlich Fragen, die das Königshaus betreffen, zu erörtern, bleibt nur Raum für Spekulationen, die jedenfalls in doppelter Hinsicht schwerwiegend für Insolvenzverwalter und Gericht werden könnten, würde sich die thailändische Regierung zur rechtlichen Reaktion entscheiden. Es ist unbekannt, ob die thailändische Regierung, was ungewöhnlich wäre, direkter Auftraggeber des damaligen Auftrags an die Walter Bau war. Regelmäßig sind Auftraggeber Projektgesellschaften. Für diese haftet der Staate allerding im Falle einer Beteiligung nur mittelbar. Eine direkte Beschlagnahme von Staatseigentum ist unzulässig. Vom Schiedsspruch ist bekannt, das er existiert. Weiter ist aber auch bekannt, dass der Insolvenzverwalter jedenfalls bis heute nicht die Anerkennung und Vollstreckbarkeit des Awards in Thailand beantragt hat. Damit würde es sich bei der laufenden Beschlagnahme allein um eine durchaus denkbare Sicherheitsmaßnahme nach deutschem Recht handeln, wonach ein sog. „Arrestantrag“ stets dann möglich ist, wenn durch die Sicherungspfändung vor Vollstreckbarkeitserklärung eine Gefahr minimiert oder aber das Erschwernis der Zwangsvollstreckung im Ausland – in diesem Falle Thailand -minimiert wird. Es wird bis zur Klärung der Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen allein gesichert, nicht verwertet.

Wäre dies die Begründung, dann hätte ein deutsches Gericht dem Antrag aber niemals entsprechen dürfen, und zwar völlig unabhängig von der Tatsache, dass die Maschine nicht dem Staat, sondern dem Kronprinzen höchst persönlich gehört.

Denn:
– verfügt Thailand auch in Deutschland über genügende Bankkonten

– ist der Kronprinz mit seinem Stab seit Jahren fast ständig in Deutschland (pro Jahr rd. 7 Monate zur Flugausbildung und zum Erhalt des Pilotenscheins, der eine bestimmte Flugstundenmenge pro Jahr auf einer großen Maschine erfordert)

– ist Thailand solvent und eine ordentliche Vollstreckung als solches nicht gefährdet

– beurteilt sich das Eigentum an der Maschine allein nach thailändischem Recht: Der König nimmt, er gibt aber nicht.

Das ist die Konsequenz der konstitutionellen Monarchie, wonach der Staat die Versorgung für die politische Enthaltung die Versorgung des Königshauses übernimmt. Niemand in Thailand würde das Eigentumsrecht des Königs auch nur ansatzweises infrage stellen.

Würde sich Thailand also wehren, was nach einem Gespräch mit Außenminister Kasit in Berlin am 15.7.2011 derzeit ausgeschlossen erscheint, müßten sich der Bayerische Staat und der Insolvenzverwalter sehr warm anziehen. Das potenzielle Schadenersatzvolumen ist hoch und der Imageverlust für die Beteiligten auf deutscher und thailändischer Seite, die den Konflikt nicht aus der Öffentlichkeit heraushalten konnten, gewaltig.
Die Hintergründe der scheinbar noch nicht rechtskräftig ausgeurteilten Forderung aus dem fraglichen Autobahnprojekt (Tollroad) in Bangkok sind über den Rechtsstreit hinaus ein gewichtiges Politikum, das sich noch erheblich auf die Innenpolitik auswirken wird. Einst war es der mit Haftbefehl gesuchte frühere Miniserpräsident, Bruder der Wahlsiegerin der letzten Wahlen, der aus populistischen Gründen die wirtschaftlichen Grundlagen des Bauprojekts -durch die zwangsweise Herabsetzung der zum Zwecke der Finanzierung fest vereinbarten Maut – infrage stellte. Gleichzeitig ließ er unterhalb der Strecke eine zweite, kostenfreie Autostraße errichten. Da kam Freude bei den Wählern und ungemeiner Stress bei den Projektträgern auf. Kein Wunder also, das die amtierende Regierung hatte, die Haftungsübernahme aus poilitischen Gründen im Parlament durchzusetzen, wo man ihr die Zustimmung für diese Übernahme entzog, weil der gejagte Thaksin die Zeche zahlen sollte.

Thaksin hielt sich – wohl unter Vermittlung der deutschen Schlafmützen aus Pullach – jüngst in Bayern beim Kronprinzen selbst auf. Der Zusammenhang mit der gerade erfolgten Pfändung ist auf den ersten Blick zufällig. Die innenpolitische Wirkung in Thailand in jedem Fall fatal. Wer da wem ein Bein gestellt haben könnte, ist eine spannende Frage. Für Deutschland ist die gesamte Angelegenheit der Supergau. Kasit selbst ist so aufgebracht, dass er über ernste außenpolitische Konsequenzen nachdenkt. Obwohl er emotional und teilweise erheblich überzieht, muss verstanden werden, wie tief dieser Angriff „deutscher Vollstreckungsorgane“ auf das Selbstwertgefühl der Thais wirkt, die sich seit der Regierung Merkel ohnehin stets von Deutschland missverstanden fühlt. „Merkels Regierung ? die sind nicht besonders klar im Kopf,“ ist hinter vorgehaltener Hand sehr deutlich zu hören. Die treiben es mit den Kommunisten in Vietnam, in Kambodscha, Laos und China. Und uns wollen sie schulmeisterlich darüber belehren, was Demokratie bedeutet. Das können und das wollen wir freie Thai nicht akzeptieren. Derartige Verbindungen sind für uns problematisch. Die Regierung Merkel, die Demokratie in Worten predigt, aber immer dann kneift, wenn es wie in Nordafrika um Konsequenzen geht, ist kein Vorbild für uns. Und mit Saudi Arabien, diesen Gaunern treiben sie es auch“.(Wer das wohl sagte ?)

Eine Beruhigung der sehr großen Emotionen in kurzer Zeit ist fraglich. Ob wir es vermögen, bis zu den Asien-Pazifik-Wochen mit dem Thailand-Wirtschaftstag am 13.9.2011 im Berliner Rathaus erste Lichter am Horizont zu sehen, ist nach den aktuellen Problemen äußerst fraglich. Ach übrigens: Soviel Ignoranz hätte Kasit auch der deutschen Justiz nicht zugetraut. Dass ein deutsches Gericht die Eigentumsfrage nicht ohne weiteres in der richtigen Weise behandelt, versteht in Thailand niemand. Der Apparat ebenfalls nicht.

Thailand ist für die deutsche Politik und Wirtschaft ein Problemfeld. Die Lage wird sich kurzfristig nicht beheben lassen, da auch die deutschen Gremien auf Distanz oder aber überlastet sind. Darüber hinaus stimmen die Verantwortlichkeiten und Personalien nicht. Es reicht nicht aus, die 3. Wahl in Thailand zu positionieren. Deutschland braucht eine erstklassige diplomatische Vertretung und ein professionelles Interessenmanagement in der Wirtschaft. Beides fehlt ganz offensichtlich.

Quelle: German Global Trade Forum Berlin