Höhere Kosten und Bürokratiefrust in Gastronomie und Hotellerie

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Der Mindestlohn kommt das Gastgewerbe teuer zu stehen – das ist die zentrale Botschaft der qualifizierten Branchenumfrage mit bundesweit knapp 5.000 teilnehmenden Betrieben: Fast drei Viertel (74,0 Prozent) verzeichnen seit 1. Januar 2015 Personalkostensteigerungen. Hinzu kommen für eine breite Mehrheit (67,1 Prozent) gestiegene Kosten für Lieferanten und Dienstleister. 62,3 Prozent beklagen sinkende Erträge. „Das Stimmungsbild macht eine überaus große Betroffenheit unserer Branche deutlich“, stellt Ernst Fischer, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband), fest: „Der Mindestlohn hat die Kosten und den bürokratischen Aufwand in die Höhe getrieben – beides ist Gift für unsere Investitions- und Wachstumsstärke.“ Insgesamt, so Fischer, sei es für eine Mindestlohn-Bilanz zu früh, etwa, was die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt betrifft (siehe Seite 2). Im Fokus der Kritik steht für viele Betriebe laut Umfrage derweil die Arbeitszeitdokumentation.

Fast die Hälfte (48,7 Prozent) der Unternehmer bezeichnet die neugeschaffene Mindestlohn-Bürokratie als „schlimmer als erwartet“. Die Kritik an der Dokumentationspflicht geht dabei Hand in Hand mit der Kritik an dem geltenden Arbeitszeitgesetz von 1994.

Kritik an starrem Arbeitszeitgesetz

Mit einem Rekordwert von 87,4 Prozent innerhalb der Umfrage unterstützen die Betriebe den DEHOGA-Vorschlag, von einer täglichen auf eine wöchentliche Höchstarbeitszeit umzustellen, so wie es die Europäische Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Dabei geht es nicht um eine Verlängerung der Gesamtarbeitszeit, sondern lediglich um mehr Flexibilität. „Die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden entspricht nicht der Lebenswirklichkeit und stellt die Betriebe bei Veranstaltungen und Nebenbeschäftigten vor schier unlösbare Probleme“, so Fischer. „Die Politik muss den dringenden Handlungsbedarf endlich anerkennen und Lösungen schaffen.“ Ein aktuelles Rechtsgutachten bestätigt, dass das bestehende Arbeitszeitgesetz keine Antworten auf die typischen Sachverhalte in Hotellerie und Gastronomie bietet.

Preisanpassungen mit Augenmaß

Der Kostenanstieg führte zu einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen in den Unternehmen: Die drei am häufigsten genannten sind dabei geänderte Dienstpläne (51 Prozent), höhere Preise (49,9 Prozent) und eingeschränkte Öffnungszeiten (35,8 Prozent). In Ostdeutschland liegen die Preiserhöhungen mit 71,2 Prozent an erster Stelle. „Aufgrund des Kostendrucks war dieser Schritt für viele Betriebe notwendig, die Preisanpassungen sind allerdings moderat und mit Augenmaß“, erklärt der DEHOGA-Präsident. Die Umfrageergebnisse passen zu den offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes: Im Jahr 2015 sind die Verbraucherpreise im Gastgewerbe bundesweit um 2,6 Prozent gestiegen. Der allgemeine Verbraucherpreisindex (alle Waren und Dienstleistungen) lag dagegen bei 0,3 Prozent. Im ostdeutschen Gastgewerbe haben sich die Preise stärker erhöht, Spitzenreiter war Mecklenburg-Vorpommern mit5,2 Prozent.

Jobmotor Gastgewerbe wächst, aber…

Laut Bundesagentur für Arbeit ist die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Gastgewerbe im Jahr 2015 weiter gestiegen. Im Oktober (aktuellster Wert) betrug die Zahl 1.003.000. Im Vergleich zum Vorjahresmonat ist das ein Plus von 62.200 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen bzw. 6,6 Prozent. „Wir können nur von Glück sagen, dass der Start des Mindestlohns in eine solch starke konjunkturelle Phase gefallen ist“, erörtert Fischer. Es sei verfrüht, aus den Zahlen der BA Rückschlüsse der Mindestlohngesetzgebung auf den Arbeitsmarkt zu ziehen. „Anlass zur Sorge gibt uns zudem, dass ein Fünftel der Betriebe äußert, Angestellte zu reduzieren. Der Mindestlohn bleibt damit ein Risiko für den Arbeitsmarkt.“ Bei der Reduktion der Minijobs liegt der Umfragewert bei 32,0 Prozent.
An der DEHOGA-Umfrage haben sich online 4.958 Betriebe (West 4273 // Ost ohne Berlin 685) zwischen dem 18. Dezember 2015 und dem 21. Januar 2016 beteiligt. Unter den Antwortenden gehören 61,2 Prozent zum Gaststätten- und 38,8 Prozent zum Beherbergungsgewerbe. Auffällig sind rund 1.000 Einzelanmerkungen der Betriebe, die meisten üben Kritik an der Dokumentationspflicht und am Arbeitszeitgesetz.