Griechenland wird zum Krisenfall für die Reiseindustrie

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Die Finanzkrise und der drohende Staatsbankrott in Griechenland wird die europäische und insbesondere auch deutsche Reiseindustrie vor Herausforderungen von bislang ungekanntem Ausmaß stellen. „Die Finanzmisere in Griechenland hat das Potenzial, einen Flächenbrand auszulösen. Die direkten und indirekten Auswirkungen auf weitere EU-Staaten sowie auf die aktuelle Entwicklung der europäischen Gemeinschaftswährung werden die Tourismusströme in den Süden Europas mittel- und langfristig nachhaltig negativ beeinflussen“, sagte Professor Dr. Adrian von Dörnberg, Präsidiumsmitglied des Travel Industry Clubs.

„Es besteht die Gefahr, dass die sich abzeichnende Erholung der Weltwirtschaft mit ihren positiven Signalen für den Verbraucher in diesen Tagen im Keim erstickt wird“, warnte Adrian von Dörnberg, der als Professor und Lehrstuhlinhaber für Allgemeine BWL und Touristik an der Hochschule Worms tätig ist. In seiner beruflichen Laufbahn war er unter anderem lange Jahre im Konzernvorstand der Deutschen Lufthansa sowie als Vorstand der Europäischen Reiseversicherung tätig und berät heute zahlreiche Unternehmen aus der nationalen und internationalen Reiseindustrie.

„Wir haben nicht den Eindruck, als ob die Politik derzeit ausreichend über die Folgen aufklärt, die aktuell von der Situation in Griechenland für die deutsche Volkswirtschaft, die Bundesbürger und somit auch für die Reiseindustrie ausgehen“, fügte das Präsidiumsmitglied des Travel Industry Clubs hinzu. An die Adresse des griechischen Tourismus Ministeriums gerichtet, forderte Adrian von Dörnberg im Namen des Travel Industry Clubs eine schnelle und umfassende Marketing Initiative für das Reiseland Griechenland in Deutschland. „Hier bedarf es allerdings mehr als einer reinen Preiskampagne. Das populäre Urlaubsland Griechenland hat in der laufenden Diskussion über die Finanzhilfen in den zurückliegenden Wochen bereits einen enormen Imageschaden erlitten. Dem müssen die für die griechische Tourismusindustrie verantwortlichen Manager sofort entschieden entgegen treten. Die aktuelle Berichterstattung in den Medien über Streiks sowie die von griechischen Bürgern in den Medien oftmals vorgetragene Kritik am Verhalten der Bundesregierung beschädigt vor allem die Werte, für die Griechenland steht: gelebte herzliche Gastfreundschaft und Sicherheit. Mit diesen Werten konnte sich das Land in der Vergangenheit souverän behaupten und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Spitzenposition unter den beliebtesten Reiseländern der Bundesbürger gesichert“.

Alarmierend seien in diesem Zusammenhang die jüngsten Daten aus den Erhebungen des Marktforschungsinstitutes GfK, wonach die Griechenland-Buchungen in deutschen Reisebüros im April 2010 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um zwölf Prozent eingeknickt seien. Adrian von Dörnberg: „Die Kritik an der deutschen Staatshilfe für Griechenland und die Reaktion der griechischen Bevölkerung an den drastischen Einsparungen durch Streiks hat die Meinungshoheit an den deutschen Stammtischen bereits erreicht. Und die Vorzeichen für einen weiteren möglichen Imageverlust mehren sich: Der nicht zuletzt durch die Krise in Griechenland ausgelöste Kursverlust des Euro und der Anstieg der Rohstoffpreise werden dazu führen, dass Reisen ins Ausland für die Bundesbürger schon bald generell teuerer werden. In Griechenland werden Urlauber zudem zwangsläufig bei den Nebenausgaben vor Ort die Anhebung der Mehrwertsteuer sowie die Steuererhöhungen auf Alkohol und Zigaretten zu spüren bekommen“.

Adrian von Dörnberg: „Die Reiseindustrie in Griechenland wird selbst einen entschiedenen Beitrag zu leisten haben, um gegenüber anderen Mittelmeerdestinationen wieder konkurrenzfähig zu werden. Schon seit Jahren ist das Preis-Leistungs-Verhältnis im Land nicht in Ordnung – Griechenland ist als Reiseland einfach zu teuer. Gefragt sind jetzt kreative Ansätze bei der Angebotsgestaltung für ausländische Gäste. Dabei kann es nicht Aufgabe von deutschen Reiseveranstaltern sein, ihrerseits die Preise im Alleingang zu senken“.

Das Präsidiumsmitglied des Travel Industry Clubs weiter: „Neben der griechischen Regierung und dem zuständigen Ministerium für Tourismus sind auch in Deutschland alle Kräfte gefordert, sich gegen den drohenden Flächenbrand zu wehren. Dieser kann sich auch zeitnah auf die klassischen Reiseländer wie Irland und Portugal, aber vor allem auch auf Italien und Spanien ausbreiten kann. Durch die Reiseindustrie muss jetzt ein Ruck der Solidarität gehen, um diesen Ländern beizustehen. Das Ausbleiben von deutschen Touristen hätte für diese Staaten mit einer starken Abhängigkeit vom Tourismus, aber auch für die deutsche Reiseindustrie eine verheerende Wirkung“. In Deutschland ist der Tourismus mit geschätzten 200 Milliarden Euro Jahresumsatz, 3,6 Millionen direkt Beschäftigten und 1,7 Millionen indirekt Beschäftigten einer der wichtigen Wirtschaftszweige.

Der Travel Industry Club ist ein – von bestehenden Verbänden unabhängiges – Entscheidernetzwerk von Führungskräften aller an der Prozesskette beteiligten Unternehmen der Reiseindustrie, die durch ihr persönliches Engagement dazu beitragen, die öffentliche Wahrnehmung des Wirtschaftsbereiches „Privat- und Geschäftsreisen“ zu verbessern. Die aktuell über 460 Mitglieder sind Entscheidungsträger und Führungskräfte der Privat- und Geschäftsreiseindustrie aus Geschäftsführung, Vertrieb, Marketing und Kommunikation aller touristischen Segmente. Zu den Mitgliedern gehören Führungskräfte von Verkehrsträgern, Hotellerie, Reiseveranstaltern, Reisemittlern, Flughäfen, Technologieanbietern, Versicherungen, Beratungsunternehmen und Verbänden sowie Journalisten der Wirtschafts- und Fachpresse, von Nachrichtenagenturen und von Funk- und Fernsehen.

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