Faßberg. Unter großem Jubel zahlreicher Anwohner mussten am Dienstag in Faßberg bei Celle acht Neonazis ihre Besetzung des «Landhotels Gerhus» aufgeben. Seit dem 17. Juli hatten sich die rechtsextremen Gefolgsleute des Hamburger Neonazi-Anwalts Jürgen Rieger (NPD) in dem Gebäude eingenistet. Am Dienstag schließlich leisteten sie widerstandslos der gerichtlich gestützten Aufforderung Folge, das Gebäude zu verlassen. «Das müssen wir feiern», jubelte Anna Jander, die zivile Mahnwachen vor dem Hotel organisiert hatte.
«Heute Abend steigt hier auf dem Acker eine große Party, jeder bringt bitte etwas mit», rief sie den rund 100 Teilnehmern der Mahnwache am Dienstag zu.
Nicht nur Jander und zahlreiche Anwohner hatten das Geschehen verfolgt, das sich bei glühend heißem Wetter mehrere Stunden hingezogen hatte. Auch die Polizei war mit einem Großaufgebot von Beamten vor Ort. Am Nachmittag schließlich rauschten die Rechtsextremen in zwei Autos davon, vermummt und mit Sonnenbrillen in den Gesichtern. Der Vertreter des Zwangsverwalters der Immobilie, der Anwalt Daniel Rosandic-Bruhns, hatte ihnen zuvor die schriftliche Ausfertigung einer einstweiligen Verfügung gezeigt, die das
leerstehende Hotel in den Besitz des Zwangsverwalters Jens Wilhelm überträgt.
Zurückhaltend und ohne sich zu erklären hätten die Neonazis die Aufforderung angehört, erzählte Rosandic-Bruhns. Ein Anhänger mit
Bierkisten sei bereits für die Abreise beladen gewesen. Im Eingangsbereich des Hotels seien Scheiben eingeschlagen, das Hotel mache einen verwüsteten Eindruck, berichtete der Anwalt. Nach dem Auszug der Rechtsextremen durchsuchte die Polizei das Gebäude. «Ich weiß ja nicht, ob da vielleicht Bomben drin sind», begründete
Rosandic-Bruhns das Vorgehen.
Die Faßberger Anwohner, die seit der Mahnwache am Mittag bis zur Abreise der Neonazis ausgeharrt hatten, hängten sichtlich erleichtert die Transparente und Fahnen der Rechtsextremen ab. «Die Presse lügt» und «Wir sind gekommen, um zu bleiben» war darauf zu lesen. «Wir betrachten das, was die Rechtsextremen hier zurücklassen, als Müll und werden es entfernen», sagte Rosandic-Bruhns.
Auch, wenn ihre täglichen Mahnwachen nun vorerst zu Ende sind, stellen sich Jander und die Anwohner der Südheide auf weitere Kämpfe gegen Rechts ein. «Macht euch innerlich stark, unser nächster Einsatz kommt bestimmt», ermunterte Jander die Mahnwachen-Teilnehmer am
Dienstag. Jeder solle sich bitte in die E-mail-Liste eintragen, damit man in Kontakt bleiben könne.
Niedersachsens Verfassungsschutzpräsident Günter Heiß zeigte sich beeindruckt von dem bürgerschaftlichen Engagement der Faßberger. «Toll, was sie hier auf die Beine gestellt haben», sagte er zu Jander und ihren Mitstreitern. Viele Bürger waren mit Kindern gekommen und hatten selbstgemalte Schilder oder Luftballons mitgebracht. «Wir wollen, dass Rieger und seine Leute hier und anderswo kein Bein auf die Erde bekommen», waren sie sich einig. Mit ihrem Einsatz wollen die Faßberger auch Vorbild für Bürger in anderen Städten sein, zum Beispiel in Eschede. Dort sei im Kampf gegen regelmäßige Feiern der Rechtsextremen auf einem Hof noch viel mehr Engagement von Bürgern nötig, meint Jander.
In Faßberg rechnen Bürger und Justiz unterdessen nicht mit einem schnellen Ende der rechtsextremen Umtriebe. Rieger werde weiter
versuchen, das «Landhotel Gerhus» für sich zu beanspruchen und es in ein rechtsextremes Schulungszentrum umzuwandeln. Ein runder Tisch mit Vertretern von Gemeinde, Landkreis und Politik wolle nun weiter daran arbeiten, dies zu verhindern. Heiß versprach dafür seine Unterstützung.