DRV zieht Halbzeitbilanz

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Im Koalitionsvertrag bekennt sich die Bundesregierung zur Bedeutung des Tourismus für Arbeitsplätze und Wohlstand. Mit Recht: Insgesamt trägt die Branche jährlich 214 Milliarden Euro zur Gesamtwirtschaft bei und stärkt vom Schiffbau bis zum Einzelhandel zahlreiche andere Wirtschaftszweige. Doch wie steht es zur Hälfte der Legislaturperiode um wichtige tourismuspolitische Themen? In der Herbst-Ausgabe der DRV-Politikthemen 03-2015 zieht der Deutsche ReiseVerband (DRV) eine Zwischenbilanz.

Ein zentrales Anliegen der Branche bei dem dringender Handlungsbedarf seitens der Politik besteht, ist weiterhin die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Übernachtungsleistungen. Seit 2012 fordert die Finanzverwaltung der Länder, dass Reiseveranstalter auf ihre weltweit eingekauften Hotelzimmerkontingente Gewerbesteuer zahlen. Der Branche drohen dadurch Steuernachforderungen von 1,4 Milliarden und jährliche Mehrkosten von 230 Millionen Euro. Hinzu kommen Wettbewerbsverzerrungen gegenüber Hotelportalen und der ausländischen Konkurrenz. Das könnte große Veranstalter zwingen, ihr Geschäft ins Ausland zu verlagern und bedroht kleine und mittlere Unternehmen in ihrer Existenz.

Ein weiteres für die Branche bedeutendes Thema der Herbst-Ausgabe ist das drohende Callcenter-Arbeitsverbot am Sonntag. Callcenter sind eine wichtige Dienstleistung der Reiseunternehmen: Bei Verspätungen oder Ausfällen nehmen die Mitarbeiter Umbuchungen vor und garantieren so einen reibungslosen Ablauf. Auch im Notfall leisten sie schnelle Hilfe. Dabei ist es wichtig, dass die Callcenter ständig erreichbar sind – schließlich reisen die Menschen rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche. Im vergangenen November hob das Bundesverwaltungsgericht die Regelung, wonach der Callcenter-Betrieb an sieben Tagen in der Woche erlaubt ist, für Hessen auf. Infolgedessen drohen nun auch die anderen Bundesländer ihre Verordnungen dahingehend zu überarbeiten, dass der Telefon-Service für Touristikunternehmen am Sonntag künftig nicht mehr möglich ist. Damit droht zahlreichen Callcentern in Deutschland das Aus bzw. eine Verlagerung ins Ausland. Deutschlandweit sind tausende Arbeitsplätze gefährdet.

Weitere Artikel der aktuellen Ausgabe befassen sich mit der Umsetzung der von der EU verabschiedeten Neufassung der Pauschalreiserichtlinie sowie der EU-Versicherungsvermittlerrichtlinie in deutsches Recht, dem Thema Margenbesteuerung sowie den Chancen und Risiken der Digitalisierung für die Reisebranche. Im Interview gibt Walter Haßmann, seit März 2015 Krisenbeauftragter des Auswärtigen Amtes, einen Einblick in die Arbeit der Behörde.