Droht ein Preisdiktat der Hoteliers?

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Die Urlauber als die größten Verlierer: Dies sieht die European Technology and Travel Services Association (ETTSA) als gravierendste Folge, wenn die französische Staatsregierung wie vorgesehen im August die Ratenparität zwischen Hoteliers und Online Travel Agencies (OTAs) abschafft und diese durch eine im französischen Recht besonders definierte Vollmacht ersetzt. Diese schreibt dem Bevollmächtigten – in diesem Fall dem Online-Reisevermittler – exakt vor, wie er das Produkt des Vollmachtgebers (Hoteliers) vertreiben darf, und gewährt jenem Bevollmächtigten keinerlei Spielraum.

Dadurch könnten Hotels die Preise in ihren Offline- und Online-Distributionskanälen frei bestimmen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, mit Hinsicht auf ein bestimmtes Produkt den Wettbewerb zwischen den verschiedenen Kanälen zu unterbinden. Die Hotels erhielten in den Augen der ETTSA „die Kontrolle zum Preisdiktat“: Es sei ihnen möglich, alle Preise und Verfügbarkeiten auf eigenen Distributionskanälen gegenüber Online-Reservierungsplattformen und OTAs zu bevorzugen.

Mit der noch geltenden Preisparität ist es den OTAs möglich, Zugang zu den niedrigeren Raten auf den hoteleigenen Distributionskanälen zu erhalten. Dies ist laut ETTSA für die Wettbewerbsfähigkeit der OTAs von entscheidender Bedeutung. Wird die Preisparität abgeschafft, wäre dies zugleich eine Lizenz für die Hotels, ihre Preise willkürlich zu erhöhen.

„Es gibt bei der Preisgestaltung keinen Wettbewerb mehr, wenn die Hotels alle Raten selbst bestimmen“, mahnt Christoph Klenner, Secretary General der ETTSA. „Es liegt auf der Hand, dass die Hotels ohne die Ratenparität die niedrigsten Preise über ihre eigenen Distributionskanäle verbreiten werden, was einen fairen Wettbewerb verhindert und die Auswahl für die Verbraucher zugleich drastisch einschränkt. Dieses Vorgehen wird zu höheren Preisen führen, da es dann keine Veranlassung für Hotels mehr gibt, Discounts anzubieten. Sie schließen vielmehr durch die Preissteuerung über ihre Distributionskanäle jeglichen Wettbewerb aus.“ Die ETTSA kritisiert, dass das Gesetz zu schnell seinen Weg durch die Instanzen gemacht hat. Christoph Klenner: „Die französische Legislative hat dabei die negativen Folgen nicht ausreichend berücksichtigt.“

Wird die Ratenparität wie geplant im August durch eine Vollmacht ohne Paritätsklausel zwischen Hoteliers und OTAs ersetzt, dann macht das alle bestehenden Verträge nichtig, und das gerade zur Hauptreisezeit. „Eine unzumutbare Situation für die gesamte Industrie, unter der der Verbraucher am meisten leiden wird“, kritisiert Christoph Klenner für die ETTSA.

Besorgt über die aktuelle Entwicklung in puncto Ratenparität in Frankreich zeigt sich auch Michael Buller, Vorstand des Verband Internet Reisevertrieb e.V. (VIR), der deutsche Interessenverband der touristischen Internetwirtschaft. Er befürchtet eine Signalwirkung für die gesamte europäische Hotellerie. Michael Buller: „Hierbei steht die gesamte partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen OTAs und Hoteliers auf dem Spiel. Die Hotellerie selbst hatte vor Jahren die Preisgleichheit für alle Marktteilnehmer gefordert. Die jetzige 180 Grad-Wende in Frankreich und die aktuelle Diskussion dazu auch auf dem deutschen Markt führen in die falsche Richtung. Ich sehe hier das ganze europäische Wettbewerbsgefüge der europäischen Touristik in großer Gefahr.“
Quelle: European Technology and Travel Services Association