Die Zentralregierung in Madrid droht mit Artikel 155 der Verfassung um die Unabhängigkeit Kataloniens von Spanien zu verhindern. Der oft als „Nuklearoption“ bezeichnete Teil der spanischen Verfassung von 1978 wird seit dem Unabhängigkeitsreferendum der Katalanen vom 01. Oktober 2017 von Madrid ins Spiel gebracht. Bisher hat sich die Regionalregierung in Barcelona davon kaum beeindrucken lassen. Erst heute ist ein neues Ultimatum aus Madrid verstrichen und nun kündigt der Ministerpräsident von Spanien für Samstag die Anwendung von Artikel 155 an.
Was aber bedeutet dieser Artikel in der spanischen Verfassung?
Artikel 155 besteht nur aus zwei Sätzen:
„Wenn eine Regionalregierung „die Verpflichtungen der Verfassung oder anderer Gesetze nicht einhält oder so handelt, dass sie die Interessen Spaniens ernsthaft untergräbt“, kann die nationale Regierung den Senat bitten, über entsprechende Maßnahmen abzustimmen.“
„Die Verfassung schreibt die absolute Mehrheit des Senats vor“
Wenn Artikel 155 angewendet wird, kann zum Beispiel die Zentralregierung in Madrid die Kontrolle über die Regionalregierung, in dem Fall Barcelona, übernehmen.
Dazu äußert sich Josep Costa, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Pompeu Fabra in Barcelona gegenüber Al Jazeera: „Die spanische Regierung hat wirklich keinen Plan, Artikel 155 der spanischen Verfassung anzuwenden. Es besteht also eine große Unsicherheit darüber, was getan werden kann“
Costa behauptet, er habe viele Vorschläge gesehen, wie die Schaffung einer Übergangsregierung in Katalonien aussehen könnte. Auf Basis von Artikel 155 ist das „eindeutig nicht möglich“.
„Es gibt keinen Zweifel daran, dass [Artikel 155] Grenzen hat … einschließlich des Autonomiestatuts von Katalonien, der nicht aufgehoben werden kann“, sagte Costa.
Die spanische Regierung hingegen ist sich sicher, unter Artikel 155 die verfassungsmäßige Ordnung in Katalonien nach der Ausrufung der Unabhängigkeit wieder herzustellen.
Katalonien ist bei der Ausrufung der Unabhängigkeit zurückhaltend. Diese Zurückhaltung wünscht man sich auch von der Zentralregierung in Madrid. Offensichtlich ist die Rechtslage unklar. Die Regionalregierung in Barcelona setzt auf Gespräche. Auch wenn das Ziel der Gespräche die Unabhängigkeit Kataloniens ist, Madrid solle das Gesprächsangebot nicht ausschlagen. Spanien kann es sich einen Konflikt bei der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation nicht Leisten.
Quelle: TravelWireNews