Der gesellschaftliche Wandel nimmt massiven Einfluss auf den Geschäftsreisemarkt. Vor allem die Komfortbedürfnisse steigen – doch die Anbieterseite geht hierauf zu wenig mit individualisierten Dienstleistungen ein, so Prof. Dr. Roland Conrady, Tourismusexperte an der FH Worms.
Ein weiterer bedeutender Trend in diesem Wirtschaftszweig sei das jetzt schon längere anhaltende Streben von Unternehmen nach geringeren Kosten und mehr Transparenz bei den Ausgaben. Unternehmen, die ein bewusstes Mobilitätsmanagement betreiben – nach DMM-Schätzungen sind das ca. 10 % aller KMU in Deutschland – sind dabei klar im Vorteil. Die beiden wesentlichen Trends in der Geschäftsreisebranche – Komfortanspruch und Kosteneffizienz – stellen laut Conrady keinen Widerspruch dar.
Bereits jeder dritte deutsche Beschäftigte unternahm 2007 mindestens eine Geschäftsreise. Insgesamt 680 Mio. Geschäftsreisen wurden in Deutschland getätigt (Quelle: DMM Research), davon rund 73 % mit firmeneigenen Fahrzeugen. Die Branche ist gleichzeitig mit dem Wandel von Bedürfnissen und Einstellungen in der Gesellschaft konfrontiert. So ist z.B. das Verständnis von Komfort, aber auch das von Luxus im Umbruch.
Die Anforderungen verändern sich insbesondere, wenn hochwertige Services nachgefragt werden. „Als Komfort wird zunehmend das empfunden, was den Menschen einen Teil ihrer Lasten des Alltags abnimmt, Zeit spart und dadurch zusätzliche Freiräume eröffnet. So genannter Entlastungskonsum spielt künftig eine viel größere Rolle“, sagt Conrady. „Deshalb sind Serviceleistungen in Zukunft nicht mehr automatisch Erfolg versprechend, wenn sie allein auf die reine Produktqualität abzielen. Stattdessen misst sich die Qualität eines Angebots zunehmend an den damit verbundenen Erfahrungen.“
Den tief greifenden Wandel des Luxusverständnisses belegt auch die Trendstudie 21st Centurion Living von American Express. Demnach geht es beim Luxus künftig nicht so sehr um das Materielle, sondern um Werte, weniger um Exklusivität als um das Erleben. Bezogen auf den Bereich Geschäftsreisen hat dies u.a. zur Folge, dass die Nachfrage nach individualisierten Dienstleistungen steigt.
Nach Ansicht von Conrady muss sich die Anbieterseite den Bedingungen aktiv stellen, um veränderte Komfortwünsche zu erfüllen – unabhängig von der Branche. Eine Möglichkeit besteht darin, sich mit hochwertigen Dienstleistungen zu positionieren, bei denen die Zeitersparnis für den Nutzer im Mittelpunkt steht. Hierzu zählen die persönliche Beratung oder so genannte Concierge-Services, die zum Ziel haben, individuelle Lösungen für unterschiedlichste Lebens- und Arbeitsbereiche bereitzustellen. Beispiele hierfür können etwa das Besorgen eines Geschenks für einen Geschäftspartner nach den Vorstellungen des Auftraggebers oder der Versand eines kreativen Mailings sein.
Der Markt für individualisierte Dienstleistungen für Geschäftsreisende ist laut Conrady aber noch stark unterentwickelt: „Viele offenkundige Bedürfnisse von Geschäftsreisenden werden bisher noch nicht befriedigt. Nur wenige Anbieter gehen bisher gezielt auf die veränderten Komfortansprüche mit adäquaten Lösungen ein.
Thomas Nau, Vice President Firmenkreditkartengeschäft Zentraleuropa von American Express, ergänzte aus der Perspektive des Kreditkartenunternehmens: „Wir verstehen uns als Vorreiter bei Services für Geschäftsreisende und berücksichtigen gesellschaftliche Trends sehr genau, um unsere Angebote fortlaufend weiterzuentwickeln.“. American Express beschreite mit seinen neuen Premium Cards für Firmenkunden den richtigen Weg, sagt Nau. Die über die Kreditkarten verfügbaren Serviceleistungen, etwa der Reise- sowie der Lifestyle-Service, nehmen Reisenden viele zeitintensive Aufgaben ab – und das ist genau das, was nach Einschätzung von Conrady am Markt künftig stärker nachgefragt werden wird.
In Bezug auf mehr Kosteneffizienz und -transparenz bieten sich nach Meinung Conradys in allen Schritten des Geschäftsreiseprozesses noch Optimierungspotenziale. Freilich gilt diese Feststellung in erster Linie für die Unternehmen, die noch kein konsequentes Dienstreisemanagement betreiben. Viele Unternehmen haben nach wie vor insbesondere die direkten Beschaffungskosten im Blick, also die Ausgaben für den Einkauf von Flügen, Hotelübernachtungen oder die Mietwagennutzung. Eine Reihe weitgehend unentdeckter Sparpotenziale bergen jedoch auch die indirekten Beschaffungskosten, die für Prozesse wie die Vorbereitung, Buchungen, das Controlling oder die Nachbereitung von Geschäftsreisen anfallen.
Die Unternehmen können in ihren Sparbemühungen von einer Reihe von Effizienztreibern profitieren. Zu diesen gehört z.B. das zunehmend attraktivere Angebot an Flügen, Hotels und anderen Leistungen im Niedrigpreissegment.
Ein weiterer bedeutender Effizienztreiber ist der Einsatz moderner Informations- und Buchungstechnologien. Thomas Nau wies darauf hin, dass auch der Kreditkarteneinsatz bei der Prozessoptimierung hilft: „Für ein professionelles Travelmanagement ist es unerlässlich, Firmenkreditkartensysteme vollständig in das bestehende Management Informationssystem zu integrieren. Hierüber erzielen Unternehmen eine verbesserte Transparenz der Geschäftsausgaben, zusätzliche Kosteneinsparpotenziale werden identifiziert.
Die auf den ersten Blick widersprüchlichen Ziele, mehr Komfort auf Geschäftsreisen zu erhalten und gleichzeitig zu sparen, sind für Conrady künftig immer besser vereinbar. Die Nachfrager müssen dazu allerdings die Effizienzhebel konsequent ansetzen. „Premiumprodukte und Kosteneffizienz schließen sich nicht per se aus. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Markt für personenbezogene Dienstleistungen weiterentwickelt und der Wettbewerbsdruck unter den Leistungsträgern in diesem Bereich der Geschäftsreisebranche stärker zunimmt“, so das Resümee des Experten.
Quelle: Der Mobilitätsmanager