Langer Tag der jüdischen Musik in Köln

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Was ist eigentlich jüdische Musik und was macht sie aus? Dieser Frage nähert sich das neue Festival SHALOM-MUSIK.KOELN an, das künftig alle zwei Jahre jüdische Musik in den Fokus stellen möchte. Dieser Frage nähert sich das Festival, um immer neue Antworten zu finden und dabei Brücken von Tradition zu Moderne, von Klassik hin zu urbanen DJSounds zu bauen. Bis auf die Veranstaltungen in der Flora gilt überall: Eintritt frei!

Vom 4. bis 11. August 2022 ermöglichen der Kulturverein „Kölner Forum für Kultur im Dialog e.V.“ und die Synagogen-Gemeinde Köln als Kooperationspartner an ausgewählten Orten in der ganzen Stadt spannende Begegnungen mit jüdischen Musikstilen, größtenteils bei freiem Eintritt. Die erste Ausgabe von SHALOM-MUSIK.KOELN steht unter dem Motto „Zuversicht“.

Programmhöhepunkte
Beim Eröffnungskonzert gibt sich die bekannte Pianistin Elena Bashkirova die Ehre: Sie wird am 4. August in der Flora zu Gast sein. Das ebenso tieftraurige wie hoffnungsfrohe „Urlicht“ von Gustav Mahler verleiht dem Eröffnungskonzert von SHALOM-MUSIK.KOELN 2022 das Motto. Es könnte aber ebenso über dem gesamten Festival stehen, das sich der Zuversicht verschrieben hat, die Kunst angesichts der Schrecken der Welt verbreiten kann. Bashkirova, künstlerische Leiterin des Jerusalemer Kammermusikfestivals (Jerusalem International Chamber Music Festival), wird gemeinsam mit einem hochkarätigen Kammermusik-Ensemble den Opernsänger Dietrich Henschel am Klavier begleiten. Die Ehefrau des Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim hat sich schon seit vielen Jahren der Kammermusik verschrieben – nicht umsonst lautet ihr Credo: „Kammermusik ist die Seele der Musik.“ 1998 gründete die gebürtige Russin das Jerusalem International Chamber Music Festival. Längst ist das Kammermusikfest, das jährlich herausragende Solisten aus aller Welt zusammenbringt, zu einer wichtigen Säule des kulturellen Lebens in Israel geworden.

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Am selben Abend sorgen junge, angesagte DJs im Ehrenfelder Szene-Club BUMANN & SOHN für ein reizvolles Kontrastprogramm. The White Screen und Ryskinder sind fest in den regionalen Szenen von Tel Aviv und Berlin verankert und stehen mit ihrem ganz besonderen Mix aus modernen Sounds und hebräischem Gesang für die aktuelle Entwicklung der israelisch-jüdischen Popkultur. Die Israelische Klubnacht entsteht in Kooperation mit c/o pop und Popanz productions.

Auf einen ganz besonderen Abend können sich Jazz-Liebhaber am 6. August in der Flora freuen. Dort wird der charismatische, in Tel Aviv geborene Trompeter Avishai Cohen als Teil seines gleichnamigen Jazzquartetts Stücke seines ausdrucksvollen neuen Albums „Naked Truth“ vorstellen – eine bewegende Hommage an seinen verstorbenen Vater. Das Trompetenspiel des in New York lebenden Künstlers ist von einer rauen Schönheit und Verletzlichkeit gezeichnet, die seinen Improvisationen eine ergreifende Note verleiht.

Am gleichen Tag können sich die Besucher auf ein interaktives Musiktheater „GEKUMEM“ in der KVB-Bahn der Linie 7 freuen. GEKUMEN heißt auf Jiddisch „zurückgekehrt“. Und genau darum geht es im neuen interaktiven Musiktheater des weltberühmten jüdischen Straßentheater- und Opernregisseurs Adrian Schvarzstein. Zusammen mit Jūrate Širvyte-Rukštele hat er schon die Straßentheater-Performance „Arrived“ für das Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ und Shalom-Musik.Koeln entwickelt, jetzt kehrt er zurück, um in der KVB-Bahn der Linie 7 eine neue, unmittelbare Theatererfahrung zu entwerfen. Gemeinsam mit dem Ensemble „Camerata dei folli“ aus Vilnius in Litauen verkörpern die Künstler die Bewohner einer jüdischen Stadt – einen Brotverkäufer, einen Schuhmacher, den Besitzer eines Kiosks, einen Arzt – die offensichtlich ins Exil gehen mussten und sich nun zufällig wiederfinden: mitten in Köln, in der Straßenbahn. Die Charaktere verwickeln die Zuschauer in eine musikalische Reise voller Emotionen, Erinnerungen und Klänge.

Am 7. August wird mit dem „Langen Tag der jüdischen Musik“ das Herzstück von SHALOM-MUSIK.KOELN in der ganzen Stadt gefeiert. Musikliebhaber haben die Möglichkeit, sämtliche Facetten jüdisch geprägter Musik kennenzulernen. An 16 Veranstaltungsorten laden Konzerte und Events bei freiem Eintritt zu einem musikalischen Spaziergang ein. Mehr als 70 jüdische und nichtjüdische Künstler präsentieren in 50 Kurzkonzerten unterschiedlichste Stile und Facetten. Ein besonderer Höhepunkt ist das Live-Event der ukrainischen Sandmalerin Natalia Moro. Kunstvoll erzählt sie mit dem sinnlichen Medium berührende Geschichten im Forum Ludwig. Mit musikalischer Begleitung des ukrainischen Geigers Igor Mazritsky und der Multiinstrumentalistin und Komponistin Verena Guido entstehen poetische Welten, die sich nicht im Ungefähren verlieren, sondern ganz aktuelle Themen aufgreifen. Gemeinsam thematisieren die Künstler das Motto des diesjährigen Festivals „Zuversicht“ angesichts eines Krieges, der unmittelbar mit ihren persönlichen Identitäten und mit der jüdischen Geschichte verbunden ist. Natalia Moro lebt inzwischen in Düsseldorf und Igor Mazritsky in Köln. Beide sind schon vor dem Krieg nach Deutschland gekommen.

Beim „Langen Tag der jüdischen Musik“ dürfen Besucher sich auf zwei Uraufführungen freuen. Die erste ist mit einem spektakulären Auftritt verbunden: Auf dem Balkon des Kölner Rathauses spielt die Brassband PURIM BRASS Bearbeitungen großer Klassiker aus der Feder von Komponisten mit jüdischen Wurzeln. Ein besonderer Höhepunkt ist die Fanfare des jungen Komponisten Tom Belkind, der mit dem Bernd-Alois-ZimmermannStipendium 2021 ausgezeichnet worden ist. Der aus Israel stammende Belkind hat eine Fanfare komponiert, die von PURIM BRASS uraufgeführt wird. Der Musiker war ursprünglich als Popmusik-Sänger und Gitarrist tätig, bevor er seinen Weg in die experimentelle Musik gefunden hat. Belkind lebt seit einem Jahr in Köln und absolviert sein Masterstudium an der Hochschule für Musik und Tanz. Das lebendige Kölner Musikleben begeistert ihn so sehr, dass er den Standort seines kreativen Schaffens dauerhaft hier aufbauen möchte.

Die zweite Uraufführung im Museum Kolumba steht im Zeichen der Psalmen: Gilad Hochman, als bislang jüngster Komponist mit dem „Prime Minister’s Award“ für Komposition in Israel ausgezeichnet und inzwischen in Berlin angesiedelt, hat für ShalomMusik.Koeln eigens die Uraufführung „By These Rivers“ für Blockflöte und Viola da Gamba nach Psalm 137 komponiert. Ansonsten steht das Konzert mit dem Ensemble Ārt House 17 ganz im Zeichen von Eichenhainen in Galilea und Olivenbäumen in Jerusalem. Der israelische Komponist Avishai Ya’ar portraitiert in seiner Suite für Blockflöte, Cello und Cembaloeine ganze Reihe von Landschaften in Israel, in denen Bäume eine ganz wichtige Bedeutung haben.

Bekannt für ihre enorme Bühnenpräsenz ist die Berliner Schauspielerin und Musikerin Sharon Brauner. Zuschauer kennen die charismatische Nichte des Filmproduzenten und Unternehmers Artur Brauner aus zahlreichen Filmen, TV-Serien und von der Theaterbühne. Kenner schätzen allerdings auch die Musik der Berliner AusnahmeKünstlerin, die bereits im Alter von drei Jahren leidenschaftlich gern sang und schauspielerte: eine überschäumende Hommage an die jiddische Populärmusik und gleichzeitig eine musikalische Reise durch ihre eigene Biographie, die einlädt, eine ganz persönliche Facette jüdischer Kultur zu entdecken. Im Kleinen Sendesaal des WDR präsentiert sie am 7. August 2022 mit Humor und ungebremster Lebensfreude wiederentdeckte „Never-Heard-Before-Songs“, jüdische Evergreens und eigene Chansons.

Unter die Haut gehen die persönlichen Erinnerungen an zwei berühmte Großväter: Alexander Olshanetsky und Herman Yablokoff gehörten zu den erfolgreichsten Songwritern, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Musik für viele jiddische Theatermusicals in New York schrieben. Zu ihrer Zeit waren sie so bekannt wie Andrew Lloyd Webber und Stephen Sondheim heute. Im Wallraf-Richartz-Museum gedenkt ihr Enkel Michael Willens, Gründer und Dirigent der Kölner Akademie, seinen großen Vorfahren mit einer Showband im Broadway-Stil.

Jedes Konzertprogramm findet in und an allen Spielorten dreimal statt. Die angegebenen Zeiten sind jeweils die Anfangszeiten. Die Konzerte dauern max. 25 Minuten, so dass Sie die Möglichkeit haben, verschiedene Musikstile an unterschiedlichen Orten zu erleben. Die Gäste werden gebeten, sich an der ersten Spielstätte ein Festivalbändchen mitzunehmen, das den Zugang zu den Konzerten erleichtert.

Keine Frage, dass der Abschluss eines so vielfältigen Festivals ebenfalls etwas Besonderes ist. Beim Finale von SHALOM-MUSIK.KOELN am 11. August 2022 in der Synagoge Köln begibt sich das Ensemble La Morra der Cembalistin und Organistin Corina Marti auf Spurensuche nach früher jüdischer Musik im 15. und 16. Jahrhundert in Spanien, Italien und Polen. Das Motto des Konzerts lautet AL ADMAT NECHAR – Ins fremde Land. Das Konzert beginnt um 19 Uhr. Ab 18 Uhr erzählen die Mittelalterspezialistin und Professorin an der Scola Cantorum in Basel Corina Marti und der Countertenor Doron Schleifer in der Programmeinführung von ihrer Spurensuche. Eine Anmeldung für das kostenlose Konzert ist aus Sicherheitsgründen erforderlich.
Alle Infos dazu unter www.shalom-Musik.koeln
Quelle: PR Agentur Public Cologne in Köln / Bild: Fotocredit_Ziv Ravitz